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10.03.2026_Neon Dilemma

Elias Stemeseder (Klavier, Synth)
Robert Landfermann (Kontrabass)
Leif Berger (Schlagzeug)

Mit akustischen und elektronischen Instrumenten entspinnen drei Protagonisten der jazzbasierten Improvisationsmusik einen Diskurs über Möglichkeiten des zeitgenössischen Zusammenspiels in historischer Instrumentierung. Konzepte und Ideen unterschiedlichen geografischen und zeitlichen Ursprungs werden zu neuartigen Ordnungsprinzipien umfunktioniert welche es dem Ensemble ermöglichen, vermeintlich disparate musikalische Elemente miteinander in Einklang zu bringen. So ertönt feingliedrig Kontrapunktisches und tänzelnd Polyrhythmisches mühelos neben rohen Klangtürmen, vehementen Akkordclustern und schlichter Gesanglichkeit.

Fotos © Florian Fries/Patrick Essex

09.06.2026_Camila Nebbia & Chris Corsano

Camila Nebbia (Tenorsaxophon)
Chris Corsano (Schlagzeug)

Camila Nebbia und Chris Corsano, beide abenteuerlustige Improvisatoren, haben sich zu einem Duo zusammengeschlossen, das von roher Energie und ungezügelter Experimentierfreude lebt. Ihre Musik bewegt sich an der Schnittstelle zwischen Textur, Melodie und Noise und schafft so eine dynamische und ausdrucksstarke Musik, die die Grenzen von Klang und Form sprengt.

Ihr Album „Six or Seven Ways Towards Becoming Undone” wird 2025 bei Relative Pitch Records erscheinen.

Chris Corsano (geb. 1975, USA) ist ein in New York lebender Schlagzeuger, der seit Ende der 1990er Jahre an der Schnittstelle von kollektiver Improvisation, Free Jazz, Avant-Rock und experimenteller Musik tätig ist. Er ist der bevorzugte Drummer einiger der größten zeitgenössischen Vertreter des „Jazz“ (Joe McPhee, Paul Flaherty, Mette Rasmussen, Zoh Amba) und „Rock” (Sir Richard Bishop, Bill Orcutt, Jim O’Rourke) sowie für Künstler, die sich keiner Kategorie zuordnen lassen (Björk für ihr Album Volta und ihre Welttournee, Michael Flower, Okkyung Lee).

1998 begann Corsano eine langjährige, energiegeladene musikalische Zusammenarbeit mit dem Saxophonisten Paul Flaherty. Ihr Stil, den sie gelegentlich mit (halb-)ironischem Humor als „The Hated Music” bezeichnen, verbindet den ekstatischen Kollektivismus des modernen Free Jazz mit der Dringlichkeit und Intensität des Hardcore-Punk. Ein Umzug von West-Massachusetts nach Großbritannien im Jahr 2005 veranlasste Corsano, seine Solomusik weiterzuentwickeln – ein dynamisches, spontan komponiertes Ein-Mann-Orchester, das erweiterte Techniken für Schlagzeug, selbstgebaute Nicht-Perkussionsinstrumente (z. B. über Trommelfelle gespannte Geigensaiten), Zirkularatmung auf modifizierten Rohrblattinstrumenten und haufenweise resonante Metalle nutzt. Von 2007 bis 2008 war er Schlagzeuger auf Björks Volta-Welttournee und spielte in seiner Freizeit Shows und Aufnahmen mit Evan Parker, Michael Flower und Jandek. 2009 kehrte er in die USA zurück und tourte weiter in einer Vielzahl sich ständig weiterentwickelnder Kollaborationen. Im Jahr 2017 gewann er den „Foundation for Contemporary Arts Grants to Artists Award”. Corsano, der selbst ein renommierter Solokünstler ist, hat ein neues Soloalbum namens „The Key (Became The Important Thing [and Then Just Faded Away])” beim Label Drag City veröffentlicht.

Sein Interesse an gemeinsamer Improvisation hat dazu geführt, dass Corsano mit vielen Gleichgesinnten zusammengearbeitet hat und auf über 180 Alben und bei Tausenden von Live-Auftritten zu hören ist. Er hat unter anderem mit Paul Dunmall (veröffentlicht vom Label ESP-Disk), Joe McPhee (Roaratorio), Okkyung Lee (Open Mouth), Bill Orcutt (Palilalia), Mette Rasmussen (Hot Cars Warp Records & Clean Feed), John Edwards (OTOroku & Dancing Wayang), Sylvie Courvoisier (Relative Pitch), Nate Wooley (No Business & Astral Spirits), Jim O’Rourke & Akira Sakata (Drag City & Polystar), Merzbow (Family Vineyard), Jessica Rylan (Load Records), Rodrigo Amado (Trost), Nels Cline (Strange Attractors), Heather Leigh (Volcanic Tongue), Ghédalia Tazartès (Ultra Eczema), Ken Vandermark (Audiographic) und Sunburned Hand Of Man (Manhand).

Camila Nebbia stammt aus Buenos Aires, lebt in Berlin und ist Saxophonistin, Komponistin, Improvisatorin, bildende Künstlerin und Kuratorin. Das Jazz PT Magazin bezeichnet sie als „eine der bedeutendsten Saxophonistinnen unserer Zeit“. Die multidisziplinäre Künstlerin verbindet in ihrer Arbeit die Schaffung und Zerstörung von Archivgedächtnis und erforscht dabei Konzepte wie Identität, Migration und Erinnerung. Ihr jüngstes Soloalbum – „una ofrenda a la ausencia” (eine Opfergabe an die Abwesenheit) bei Relative Pitch Records – wurde vom NYC Jazz Record als „ein von Natur aus menschliches und persönliches Album, das die Zuhörer mit einer leidenschaftlichen Herangehensweise an den Jazz überrascht” beschrieben.

Zusammenarbeit mit zahlreichen Künstlern wie Marilyn Crispell, Michael Formanek, Angelica Sanchez, Randy Peterson, Tom Rainey, Patrick Shiroishi, Vinnie Sperrazza, Katt Hernandez, Kenneth Jimenez, Lesley Mok, Cecilia Lopez, Susana Santos Silva, Elsa Bergman, dem Kollektiv l’Arfi aus Lyon, Joanna Mattrey, Kit Downes, Andrew Lisle, John Hughes und vielen anderen.

Als Bandleaderin und Solokünstlerin veröffentlichte sie „A veces la luz de lo que existe resplandece solamente a la distancia” (Kuai 2017), „De este lado” (Club del disco 2019), Aura (ears&eyes records 2020), „Corre el río de la memoria” (ramble records 2021) und „Presencias” (Sound Holes 2021), „Una ofrenda a la ausencia” (Relative Pitch Records 2023) und „La permanencia de los ecos” (577 Records 2023).
Camila Nebbia wird von D’Addario Woodwinds unterstützt.

www.camilanebbia.com
www.cor-sano.com

10.12.2024_Richard Koch Quartett

Richard Koch (Trompete, Komposition)
Michael Hornek (Klavier)
Igor Spallati (Kontrabass)
Moritz Baumgärtner (Schlagzeug)

Richard Koch hat sich bereits einen exzellenten Ruf als Trompeter erarbeitet. So kann man ihn auf einem der erfolgreichsten Alben der jüngsten deutschen Pop-Geschichte dieses Landes („Stadtaffe“ von Peter Fox), aber auch im Ensemble des finnischen Space-Travellers Jimi Tenor spielen hören.

Auf seinem neuen Album FLUSS sind es wieder einmal die herausragenden Kompositionen, die Richard Koch von so vielen sinnsuchenden Jazzmusiker*innen da draußen unterscheidet. Weil er so ein tolles Melodie-Gespür hat, braucht sein Quartett auch keinerlei Sound-Verfremdungen oder neue Hochleistungsrekorde. Kochs Quartett klingt im besten aller Sinne tradiert, in einer Tradition mit den Quartetten und Quintetten der großen Trompeter*innen des Jazz. (R.I.P. Jamie Branch!).

Ja, Kochs Musik hat Soul! Und jedes seiner musikalischen Themen klingt‚ voller Demut und tiefer Dankbarkeit für das, was er für uns praktizieren darf: Den Raum zum Fließen zu bringen. Und damit bringt er die Saiten unserer Seelen in uns zum Schwingen.
(Maurice Summen)

“Für mich strahlt die Musik eine große Freude aus, wie ich sie nur von wenigen hierzulande kenne.”
Bert Noglik

“Koch gönnt sich eine geradezu kindliche Lebensfreude, dass uns das Herz lacht.”
Albert Hosp, Radio Ö1

„Kontemplativ und virtuos formuliert Koch seine bluesigen Stimmungen. … Eine traurig-schöne Liebeserklärung an den urbanen Raum.“
3Sat Kulturzeit

Foto © Ulla C. Binder

www.richardkoch.at

Fotos © Robert Fischer

23.11.2024_Kaufmann / Dunston / Portugal

Sonderkonzert zum 30-jährigen Jubiläum der Jazz+ Reihe

Achim Kaufmann (Klavier)
Nick Dunston (Kontrabass)
Mariá Portugal (Schlagzeug und Percussion)

Ein Anspruch des improvisierenden Musikers besteht darin, sich neuen musikalischen Situationen auszusetzen. Berlin bietet durch den ständigen Influx, die kontinuierliche Bewegung der Szene, eine Menge Gelegenheiten hierfür. Was wir als Einzelne in den Prozess mit einbringen, fließt in die kollektiv gestaltete Musik mit ein – unsere Persönlichkeiten, Geschichten, Prägungen.

Nick Dunston und Mariá Portugal sind auf ihren Instrumenten und als Komponist bzw. Komponistin wegweisend. Beide sind jetztzeitige Künstler, sie verändern das Bestehende. Sie stehen aber auch in Verbindung mit reichen musikalischen Traditionen. Für mich ist diese Mischung inspirierend und vielversprechend. Ich freue mich auf die Begegnung mit den beiden und eine Musik, in der Klang, kinetische Energie und Provokation ihren Platz haben sollen.

Achim Kaufmann

Achim Kaufmann ist seit vielen Jahren eine der inspirierendsten und spannendsten Persönlichkeiten der europäischen Jazz- und Improvisationsszene. Seine Musik zeugt von großer harmonischer Subtilität und struktureller Tiefe. Als brillanter Pianist und Komponist hat ihn die reflektierte Auseinandersetzung mit der Tradition zu einer nuancierten, zeitgenössischen Klangsprache geführt, die Poesie, Energie und Abstraktion gleichermaßen umfasst.”
(Julia Neupert, SWR Radio)

Nick Dunston ist ein akustischer und elektroakustischer Komponist, Improvisator und Multiinstrumentalist. Er wird als “unverzichtbarer Akteur der New Yorker Avantgarde” (New York Times) bezeichnet und tritt an einer Vielzahl von Veranstaltungsorten und Festivals in Nordamerika und Europa auf.

Mariá Portugal ist eine brasilianische Schlagzeugerin, Sängerin, Komponistin, Musikproduzentin und Improvisatorin, die seit 20 Jahren in der brasilianischen Musikszene aktiv ist.

achimkaufmann.com
nickdunston.info
mariaportugal.com

Foto © Cristina Marx/Photomusix

Fotos © Guillermo Luz Y Graf

15.10.2024_Lotus Crash

Marco von Orelli (Trompete)
Tommy Meier (Tenorsaxofon, Bassklarinette)
Luca Sisera (Kontrabass)
Sheldon Suter (Schlagzeug)

Lotus Crash vereint vier hervorragende Improvisatoren mit unterschiedlichen musikalischen Biographien. Was sie verbindet, ist ihre Vorstellung von Klang und Ästhetik. Dieses Quartett klingt roh und archaisch und überrascht mit einem warmen, ausdrucksstarken Sound. Die Besetzung mit zwei Bläsern plus Rhythmusgruppe ohne Harmonieinstrument hat eine lange Tradition. Lotus Crash entwickelt diese weiter mit der Verwendung zeitgenössischer Instrumentaltechniken, mit aufgebrochenen Formen und Hidden Composition. Die ausgefeilten Improvisationen der Band bewegen sich abseits ausgetretener Pfade; das ist kreativer Jazz vom Feinsten.

„We listen to them – and I guarantee you will – with frequent pleasure in the same way that we turn to Parker, to Mozart, even, and to Ornette Coleman and Don Cherry, because they clear away the plaque of predictability that threatens our aesthetic heartbeat. Every time I have listened to this music, it provides a different spin on itself, not because it is densely layered and complex, but because it deals with musical fundamentals in an engaged and humane manner. And that’s the other thing about it: these guys may go out under an enigmatic group name, but they come across as personalities, very different, possibly sometimes even contentious, but absolutely united in purpose.“
Brian Morton

Videos:

Die Band stellt ihr neues Album „First Visit“ vor, das am 4. Oktober 2024 bei Hat Hut Records erscheint.

https://www.lotuscrash.ch/

https://first-archive-visit.bandcamp.com/album/lotus-crash-first-visit

Fotos © Robert Fischer

04.10.2024_Ingrid Laubrock/Tom Rainey Duo

Sonderkonzert zum 30-jährigen Jubiläum der Jazz+ Reihe

BR-KLASSIK Live-Mitschnitt

Sendetermine:
Sonntag, 08. Dezember 2024, lange radioJazznacht, 0.03 bis 5.00 Uhr auf Bayern 2
Freitag 10. Januar 2025, BR Jazzclub, 23.03 bis 0.00 Uhr auf BR-KLASSIK

Ingrid Laubrock (Saxophon)
Tom Rainey (Schlagzeug)

Die in New York lebende experimentelle Saxophonistin und produktive Komponistin Ingrid Laubrock, die der Pianist und künstlerische Leiter des Kennedy Centers Jason Moran als „wahre Visionärin“ bezeichnete, erforscht „die Grenzen zwischen musikalischen Bereichen und schafft vielschichtige, dichte und oft suggestive Klangwelten“. Sie hat mit allen zusammengearbeitet, von Anthony Braxton, Muhal Richards Abrams, Dave Douglas, Kenny Wheeler, Jason Moran und Tim Berne bis hin zu William Parker, Mary Halvorson, Andy Milne und vielen anderen. Sie wurde mit dem Herb Alpert Ragdale Prize in Music Composition 2019 und dem Berklee Institute of Gender Justice Women Composers Collection Grant 2021 ausgezeichnet, hat zahlreiche Kompositionsaufträge erhalten und ist Teilzeitdozentin an der New School und der Columbia University in New York.

Ihr Duo mit dem Schlagzeuger Tom Rainey, mit dem sie seit 2007 zusammenspielt und vier Alben veröffentlicht hat, ist, wie sie anmerkt, von besonderer Bedeutung für sie, da es den Kern vieler ihrer Projekte bildet. Rainey ist mit einer Vielzahl von Künstlern aufgetreten, darunter John Abercrombie, Tim Berne, Jane Ira Bloom, Fred Hersch, Joe Lovano, Carmen McRae und Denny Zeitlin. Seine umfangreichen Aufnahmen und das künstlerische Niveau der Musiker, die er unterstützt hat, machen ihn zu einem der wichtigsten Schlagzeuger, die mit der modernen, kreativen Jazzszene von New York City seit den späten 80er Jahren eng verbunden sind.

Beide präsentieren ihr neues Album BRINK, das im August 2024 bei INTAKT RECORDS erschienen ist.

Graphic design: Stephen Byram
Liner notes: Nels Cline
Photos: Jessica Hallock
Booklet design: Fiona Ryan

https://intaktrec.ch/425.htm

Foto © Jessica Hallock

www.ingridlaubrock.com

In Kooperation mit BR-KLASSIK

Fotos © Robert Fischer

Fotos © Guillermo Luz Y Graf

Fotos © Werner Siebert

09.07.2024_FORGES

Rémi Ploton (Klavier)
Samuel Mastorakis (Vibrafon)
Tancrède D. Kummer (Schlagzeug)

„I conceive this ensemble as a ‚percussion trio‘, the music merges rhythmical, multi-layered frames with textured-based pieces and improvisational parameters. Here, written music is apprehended like blocks of raw matter which members are called upon to peel, bend or weld onto another. Each tune is thought as a small toy-box of concepts where players are led to pick and choose thus altering the overall direction of the performance.“ TDK

Dieses Repertoire ist das Ergebnis einer Reflexion über den Wert von Grenzen in der Kunst als Instrument der Verkündigung und der Überschreitung. Über den konkreten Gebrauch von Grenzen in der Komposition als Mittel der Emanzipation – die Suche nach dem Rahmen, aus dem wir uns befreien können. Geschriebene Musik wird hier als Block aus roher Materie verstanden, in dem jedes Glied dazu aufgerufen ist, sich abzuschälen, zu biegen oder an ein anderes zu schweißen.

Als klanglich-mobile Installation konzipiert, entwickeln sich die Stücke in gewebten Modulen, die sich gegenseitig umkreisen. Rhythmische Strukturen oder abstrakte Texturen werden abwechselnd verwendet, um intensive Klanglandschaften zu entwerfen und zu verzerren. Jeder Abschnitt ist wie eine kleine Spielzeugkiste mit Konzepten gedacht, aus denen die Spieler auswählen und so die Gesamtrichtung der Aufführung verändern können.

Es ist die Idee einer Musik, die sich ihrer selbst bewusst ist, die sich selbst „denkt“, in der Aktion und Spontaneität vorherrschen, in der Wiederholungen und thematisches Wiederauftauchen fast zufällig erscheinen und keinen ästhetischen Anspruch darstellen, sondern eher wie ein Déjà-vu oder eine schwache Erinnerung, die durch Zeit und Interaktion verändert wird. Trotz der Wiederkehr hat sich jedes Motiv verändert, hat eine neue Form angenommen, nichts löst sich völlig in der Energie der Aufführung auf, aber nichts bleibt gleich.

Auf diese Weise zu komponieren bedeutet für mich, „Protagonisten“ mit komplexen und vielschichtigen Persönlichkeiten zu schaffen, die fähig sind, ihre Stimmung zu ändern und sensibel auf ihre Umgebung zu reagieren, ohne sie jedoch in eine vorgegebene Erzählung zu zwingen, sondern die Ereignisse und die Szenerie aus der Phantasie des Musikers entstehen zu lassen. Es geht darum, eine Plattform zu schaffen, auf der die von der Komposition gesetzten Grenzen zu einem Spielplatz werden, auf dem Abenteuergeist und Unmittelbarkeit zelebriert werden.

Nachdem Samuel und Rémi in den letzten 9 Jahren in verschiedenen Ensembles und Genres zusammengearbeitet haben, konzentriert sich dieses neue Trio auf die akustische und perkussive Natur unserer Instrumente. Durch die Betonung der Mehrdeutigkeit und des Rätselhaften innerhalb der beträchtlichen Menge an Strukturen, auf denen die Musik basiert, versuche ich, sowohl den Spielern als auch dem Material selbst in den Stücken völlige Autonomie zu gewähren, so dass die Grenze zwischen „Text“ (wie in notierter oder vorbereiteter Musik) und „Initiative“ (wie in Interpretation und Improvisation) auf eine gestrichelte Linie reduziert oder manchmal sogar ausgelöscht werden kann.

Presse:

„Forges’ sonic geometry is such that the trio members try to avoid expected musical tropes or textures. Without a bass player comparisons to Modern Jazz Quartet-like ensembles don’t exist either. Instead many of the 10 tracks work on some variation of harpsichord-like vibe tones trembling often delicately alongside measured piano chording that open up the exposition. Quiet and reflective interface is most prevalent with moderated keyboard tinkles, cymbal claps and reflective vibe rebounds. However these are prominent so often that sameness is only avoided by a hair’s breadth. Some tunes that move at a funeral pace threaten to cross that line. On a few instances such as “Gla” and “Débris III” the tempo becomes faster and more violent or in the case of the second, a group improv, architecture stretches to add pops, rebounds and odd squibs from Kummer’s manipulation of toys. However Mastorakis’ bow-on-metal bar expression is used so sparingly its nearly inaudible. “Jeu” is the most fully realized piece as the vibraphone carries the melody into story-telling mode, as piano key pressure meets wood block smacks and drum ruffs to open up the exposition.. Even as the narrative doubles in speed, percussion pressure and echoing vibe pops still reflect the basic delicacy of the program. This is confirmed on “Jeu (postlude)”, several tracks later, as piano key tinkles and percussion plops reassert quietness and delicacy.“

Ken Waxman – Nov. 20, 2023
JAZZWORD

tancrededkummer.com/forges

Foto © Yorgos Kyvernitis

11.06.2024_[ʃelest]

Ronny Graupe (Gitarre)
Lucia Cadotsch (Gesang)

Kit Downes (Klavier)

Das Trio ist einer allgemeinen Störgröße gewidmet, die als zufälliges Muster in Störungen auftritt und seit jeher im Hintergrund aktiv ist und bleibt. Obwohl sie über die Ohren wahrgenommen wird, kann die Erinnerung an sie Vorgänge in der Herzgegend auslösen, die angenehm, beunruhigend, anregend oder schmerzhaft sein können. Sie kann oben und unten auftreten. Hier ist sie zu Hause. Sie kann weiß, braun oder rot sein. Man findet sie an jedem Strand, in jedem Wald und in jedem Fluss. Sie ist ein Teil dessen, was Sie gerade lesen: [ʃelest]

Neben der teils radikalen Reinterpretation ausgesuchter Jazzstandards, fokussiert sich das Trio auf Kompositionen von Ronny, die von Lucia mit eigenen Texten versehen wurden.

Im Januar 2023 nahm das Trio sein erstes Album in Budapest beim Label BMC auf, welches Anfang 2024 veröffentlicht wird.

Das Trio:

Ronny Graupe, ist seit Mitte der 90er Jahre im Inland und weltweit zu hören und ist ein fester Bestandteil der lebendigen Berliner Szene. In vielen Jahren des Arbeitens mit dem Trio Gropper/Graupe/Lillinger, sowie in seinem, zunächst im Trio, seit 2018 im Quartett erscheinenden Ensemble Ronny Graupes Spoom entwickelte er seine eigene Sprache auf der Gitarre und als Komponist. Er veröffentlichte über ein dutzend Alben als Leader/Co-Leader und zahlreiche als Sideman. 2011 wurde Ronny als Dozent an die Hochschule der Künste in Bern, Schweiz für Jazzguitar und Ensemblespiel berufen. Im Juni 2021 erhielt er den erstmalig ausgelobten und von der Bundesregierung initiierten Deutschen Jazzpreis in der Kategorie Gitarre. Er arbeitet mit eigenen Formationen wie Off The Record (Dominik Bukowski-Vib, Phil Donkin-Bs, Oli Steidle-Dr), ROKC (Kalle Kalima-Git, Chris Pitsiokos-Sax, Oli Steidle-Dr), dem Schiepek – Graupe – Duo (mit Philipp Schiepek – Git) und als Sideman in zahlreichen weiteren Ensembles (Bastian Stein, Lucía Martinez, Hans Lüdemann, Dejan Terzic, Clara Vetter u.a.) 2022 gründete er sein Label OUT OF THE SHED. Er konzertierte in Asien, Süd-, und Nordamerika, Afrika und Europa.

www.ronnygraupe.com
www.outoftheshed.de

Lucia Cadotsch, geboren in Zürich, Schweiz, ist eine in Berlin lebende Sängerin und Songwriterin. Sie ist vor allem für ihre langjährigen kollaborativen Bands bekannt, zu denen derzeit LIUN + the Science Fiction Band, ein Ensemble mit dem Saxophonisten Wanja Slavin, AKI, ein neues Quartett mit dem Pianisten Kit Downes, und ihr gefeiertes Speak Low mit Petter Eldh am Kontrabass und Otis Sandsjö am Tenorsaxophon gehören, das auf Festivals in Berlin, New York und London aufgetreten ist. Im Laufe der Jahre erhielt Lucia Cadotsch mehrere Auszeichnungen. 2023 erhielt sie den Schweizer Musikpreis, 2021 wurde sie mit dem Deutschen Jazzpreis in der Kategorie VOKAL ausgezeichnet. 2017 erhielt sie den ECHO Jazz Award als Sängerin des Jahres (für ihr Album Speak Low) und 2012 den Neuen Deutschen Jazzpreis mit ihrer Band Schneeweiss + Rosenrot. Lucias vielfältiges Schaffen als Musikerin ist auf insgesamt zehn Alben zu hören, die sie seit 2009 veröffentlicht hat.

www.luciacadotsch.com

Kit Downes, ist ein mit dem BBC Jazz Award ausgezeichneter und für den Mercury Music Award nominierter Solokünstler für ECM Records. Er tourte durch die Welt und spielte Klavier, Kirchenorgel und Harmonium mit seinen eigenen Bands („ENEMY“, „Troyka“ und „Elt“) sowie mit Künstlern wie Squarepusher, Bill Frisell, „Empirical“, Andrew Cyrille und Sofia Jernberg , Benny Greb, Mica Levi und Sam Amidon. Kit gibt Solo-Pfeifenorgel- und Solo-Klavierkonzerte – außerdem spielt er in Zusammenarbeit mit dem Saxophonisten Tom Challenger, der Cellistin Lucy Railton, der Komponistin Shiva Feshareki, dem Saxophonisten Ben van Gelder und mit der Band „ENEMY“ (mit Petter Eldh und James Maddren). Er ist Stipendiat der Royal Academy of Music in London, wo er selbst studierte und jetzt lehrt. Er wurde zweimal mit dem 1. Platz in Downbeats Critics Poll Rising Star in den Kategorien Orgel und Keyboard ausgezeichnet, und seine ECM-Platten „Obsidian“, „Dreamlife of Debris“ und „Vermillion“ wurden mit großem Kritikerlob veröffentlicht.

www.kitdownes.com

Foto © István Huszti

Fotos © Robert Fischer

Fotos © Guillermo Luz Y Graf

14.05.2024_Mount Meander

Kārlis Auziņš (Saxophon)
Lucas Leidinger (Klavier)
Tomo Jacobson (Kontrabass)
Thomas Sauerborn (Schlagzeug)

Dass Jazz eine universelle Sprache ist, beweist dieses länderübergreifende Quartett mit Musikern aus Deutschland, Lettland und Polen. Wenn Sie die Namen dieser vier Vertreter einer neuen Generation europäischer Musiker, nämlich Karlis Auzins, Lucas Leidinger, Tomo Jacobson und Thomas Sauerborn, nicht kennen, werden Sie sicherlich einige von denen kennen, mit denen sie bereits spannende Partnerschaften eingegangen sind: John Tchicai, Mat Maneri, Lotte Anker, Andrew D’Angelo, Adam Rudolph, Randy Peterson, Kresten Osgood, Sidsel Endresen und Frank Gratkowski.

Dies gibt Ihnen eine Vorstellung davon, was Sie erwarten können: Musik mit einer Haltung, und die Haltung ist, als ein Organismus zu funktionieren. Es handelt sich nicht um eine einfache Zusammenkunft von vier Individuen, sondern um ein komplettes Wesen, das sich der intuitiven und kollektiven freien Improvisation verschrieben hat. Bedeutet das, dass es sich um nicht-idiomatische improvisierte Musik handelt, um die von Derek Bailey erfundene Bezeichnung zu verwenden? Nicht ganz: Die Band Mount Meander nutzt musikalische Idiome, um die Grenzen zwischen Jazz, Avantgarde, Weltmusik, Rock und Pop einzureißen, und zwar gerade weil es in ihrer Musik nicht um Genres geht. Es geht um Einigkeit, Gleichheit, Vertrauen und Kommunikation.

– Pedro Costa (Cleanfeed Records)

“This quartet shows us that there need not be a compromise when it comes to jazz that is both bold and enjoyable to listen to. Here, stunning melodies go hand-in-hand with restless experimentation, and the end-result is music that is endlessly alluring.”
4/5 stars (Derek Stone – Free Jazz Blog – USA)

„Definitely one of the best European Avant-Garde Jazz albums that landed on my desk so far in 2019“
(Adam Baruch – The Soundtrack of my Life – Poland)

„[With] the band’s second CD (…) the quartet members now travel firmly on their own route with no meandering. (…) Avant-garde to some, modern mainstream to others, Live in Berlin helps define what cooperation can achieve. Maybe hyperbolic politicians should start taking tips from Jazz musicians.“
(Ken Waxman – Jazz Word – USA)

www.karlisauzins.com
www.lucasleidinger.com
www.tomojacobson.com
www.thomassauerborn.de

Foto © Malwa Grabowska

Fotos © Robert Fischer

09.04.2024_Nebbia / Banner / Andrzejewski: Presencia

Camila Nebbia (Saxophon)
James Banner (Kontrabass)
Max Andrzejewski (Schlagzeug)

Dieses Trio etablierter Solist*innen aus Berlin wurde in Zusammenarbeit gegründet und bringt einen rohen Impuls in ihre eigene, im Jazz verwurzelte Musik, sowie Mutationen und Erneuerungen ritueller musikalischer Formen. Ausgehend von dem Wunsch, zu den früheren Erfahrungen in den kollektiven Bands aus der Jugendzeit zurückzukehren, wird das Material von allen drei Mitgliedern beigesteuert, mitkomponiert und entwickelt – dies bildet die Grundlage für die ungehemmte und eindringliche Herangehensweise der Improvisation. Durch ihre gemeinsame Erfahrung als Komponist*innen und Improvisator*innen nicht nur im Jazz und in der improvisierten Musik, sondern auch in der zeitgenössischen und neuen Musik, erkunden sie die Ränder dessen, was derzeit im seit langem etablierten Rahmen des ,,chordless Trios’’ existiert.

jamesbanner.com/nebbiabannerandrzejewski

Foto © Camila Nebbia

Fotos © Robert Fischer

12.03.2024_Percussion

Felix Hauptmann (Klavier)
Roger Kintopf (Kontrabass)
Leif Berger (Schlagzeug)

Ein gemeinsames ästhetisches Fühlen innerhalb undurchsichtiger und fluider rhythmischer Strukturen ist der Kern von PERCUSSION. Die Band präsentiert ihr aktuelles Album “PERCUSSION II” (boomslang records, März 2023).

Felix Hauptmann (Piano, Komposition), Roger Kintopf (Bass) und Leif Berger (Drums) arbeiten seit mehreren Jahren zusammen in diesem Ensemble, geprägt durch intensive Probenarbeit und Arbeitsprozesse. Die Band arbeitet seit Beginn mit dem einzigartigen Label “Boomslang Records” von Alfred Vogel zusammen und ist unter anderem auch auf dem renommierten “Bezau Beatz” Festival zu hören gewesen.

Hier ein Zitat aus dem Booklet des aktuellen Albums PERCUSSION II:
„I started writing this music with the gentle urge to find a more honest way to express myself. That includes many layers of feelings and thoughts that I felt I couldn’t release until I would start to work constantly with a band that consists of the wonderful musicians and my longtime friends Roger and Leif. Both are insanely committed and willing to put a lot of time in rehearsing, talking and playing. After some months of intense work with the ensemble, a general trust began to grow between us – exactly what I was looking for the whole time. The compositions themselves are very complex, leaving a lot of questions unanswered for the three of us, which made us learn to be comfortable with being uncomfortable.
I want the music to be an invitation to try not to expect anything from anyone: for you, the listener as well as for us, the musicians. Through this absence of expectations I hope we can get closer together by accepting more diversity in art and human relationships.“
– Felix Hauptmann

„Hauptmann sowie dem Bassisten Roger Kintopf und dem Drummer Leif Berger gelingt es, ihre ausgeklügelte, harmonisch und metrisch ungebundene Musik wie frei improvisiert klingen zu lassen. Dieses hochkonzentrierte und organisch pulsierende kompositorische Destillat setzt ungeahnte Assoziationen frei und verblüfft ob seiner schieren Absichtslosigkeit: nichts muss, aber alles kann.“
Concerto Magazin

„…man höre sich einmal Track 6, Once, an, wie hier Tempo und Energie aufgebaut werden, um dann wieder zu entschleunigen und am Ende zu verschwinden. Das hat zweifellos Klasse.“
– freiStil Magazin

„…Die Königsdisziplin des Jazz wird durch dieses Piano-Trio um einen wichtigen, zeitgenössischen Beitrag bereichert.“
arttourist.com

Foto © Inês Pizarro Correia

felixhauptmann.wordpress.com

Fotos © Robert Fischer

06.02.2024_Immerweiter

Pascal Klewer (Trompete)
Julius Windisch (Klavier, Komposition)

Sofia Eftychidou (Kontrabass)
Marius Wankel (Schlagzeug)

„Diese Band verfolgt den Gedanken einer Utopie“ – Julius Windisch, Bandleader

Stillstand ist für den Berliner Bandleader, Komponisten und Jazz-Pianisten Julius Windisch noch nie eine Option gewesen: „Der Prozess des Musikmachens soll für mich immer weiter gehen und nie stillstehen.“ Nach Stationen in Bern, Amsterdam und Kopenhagen hat er mit Berlin einen Ort gefunden, an dem er sich künstlerisch am wohlsten fühlt. In its own pace ist der Output von seiner aktuellen Working Band, nachdem Windisch bereits drei Alben mit Trio- und Quartettformationen eingespielt hat.

Sowohl der Albumtitel, als auch der Name der Formation sind programmatisch zu verstehen: Getragen wird immerweiter von einem starken Gemeinschaftsethos, das auf der Einspielung und live durch Virtuosität, Intensität und Komplexität überzeugt. Alle Musiker*innnen des Ensembles verpflichten sich einem organischen Wachstumsprozess, fairen Feedbackregeln und einem konstruktiven Umgang mit den eigenen Stärken und Schwächen. Die Anstrengung, die Windischs vielseitiges und schwer zu spielendes Repertoire einfordert – und das gegenseitige unbedingte Vertrauen in einander – führen zu kreativen Höhenflügen, bei denen keine Einzelperson im Fokus steht, sondern der Gesamtklang:

„Wir sind als Band sehr stark zusammengewachsen und wir reflektieren immer wieder, was wir gut und nicht gut fanden. Genauso sind wir gezwungen, uns jedes Mal maximal anzustrengen und sehr aufmerksam auf einander zu hören. Das fühlt sich erfüllend und mutig an, das ist das, was ich an meiner Arbeit liebe.“ – Julius Windisch

Windischs Arbeit als Bandleader, Komponist und Pianist ist politisch: Themen wie Antidiskriminierung, Klimagerechtigkeit, der Abbau von Hierarchien treiben sein kreatives Schaffen an, was sich unmittelbar in der Haltung ausdrückt, mit der er seine Stücke komponiert.

Die fünf Kernstücke des Albums sind in Quartettformation aufgenommen, darunter das Stück Ode, das durch seine sehr sangliche Melodie eine melancholische Stimmung erzeugt. In diesem Stück reflektiert Windisch die Resignation und Fassungslosigkeit, die er dabei fühlt, wenn das notwendige Handeln zur Lösung unserer globalen Krisen ausbleibt. Gleichzeitig drückt er in Stücken wie Schweben sein Bestreben aus, für sich eine Sphäre zu schaffen, in der Ruhe und Besonnenheit trotz Panik und Ohnmacht möglich sind.

Bei vier Stücken wird die Band von der Geigerin Maria Reich verstärkt – zum Beispiel in Coming to a conclusion. In diesem Track wird ein Entscheidungsprozess mittels verschiedener Rhythmen musikalisch reflektiert, bis ein hörbares Fazit gezogen ist. Außerdem singt Windisch erstmals auf dem Album: I feel like I know you ist ein intimer Monolog, der dazu anhält, sich dem kritischen Prozess der Selbstreflexion „immer weiter“ zu stellen, damit Selbsterkenntnis und inneres Wachstum möglich werden. Damit hat der Track die Funktion einer kondensierten Gesamtaussage des Albums.

Foto © Nasia Papavasiliou

juliuswindisch.com

Fotos © Robert Fischer

Fotos © Guillermo Luz Y Graf