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Festival 2023

05.05.2023

Reinier Baas und Jesse van Ruller
Reinier Baas _ Gitarre
Jesse van Ruller _ Gitarre

Reza Askari ROAR feat. Christopher Dell
Stefan Karl Schmid _ Klarinette
Christopher Dell _ Vibraphon
Reza Askari _ Kontrabass
Fabian Arends _ Schlagzeug

06.05.2023

Susana Santos Silva
Susana Santos Silva _ Trompete

Alexander Hawkins Trio
Alexander Hawkins _ Klavier
Neil Charles _ Kontrabass
Stephen Davis _ Schlagzeug

 

Tagesticket: 30 Euro  ⁄  Ermäßigt*  25 Euro
Festivalpass: 50 Euro  ⁄  Ermäßigt*  42 Euro

* für Schüler*innen, Studierende und körperlich beeinträchtigte Menschen

Einlass: 19:00 Uhr / Beginn: 20:00 Uhr

Karten sind an der Abendkasse erhältlich oder per Reservierung an info@jazz-plus.de

Reservierte Tickets bitte bis spätestens 10 Minuten vor Konzertbeginn abholen, ansonsten gelangen sie wieder in den freien Verkauf.

Alle Konzerte werden vom Bayerischen Rundfunk aufgezeichnet.

Sendetermin:
Jazz extra auf BR-KLASSIK: 12. Mai 2023 von 22.05 Uhr bis 0 Uhr
Highlights, Stimmen und Eindrücke vom „Jazz+“-Festival 2023

 

 

Baas / van Ruller

Reinier Baas _ Gitarre
Jesse van Ruller _ Gitarre

05.05.2023Beginn 20:00 Uhr

Als Reinier Baas als Jugendlicher zum ersten Mal Jesse van Ruller Gitarre spielen sah, war er verblüfft. Bis dahin hatte er keine Ahnung, dass das, was er sah und hörte, überhaupt möglich war. Baas: „Ich konnte Jesse nicht einmal imitieren, selbst wenn ich es gewollt hätte, also musste ich mir etwas anderes ausdenken.“ Das hat ihn schließlich dazu gebracht, seinen eigenen Stil zu entwickeln. Van Ruller war gerade bekannt geworden, als er 1995 den renommierten Thelonious Monk Award erhielt. Jahre später gehören beide zu den herausragenden europäischen Jazzgitarristen. Nur gelegentlich treten sie als Duo auf, aber sie lieben es, sich gegenseitig herauszufordern und zu überraschen, wenn sich die Gelegenheit bietet.

Dokumentarfilm des niederländischen Fernsehsenders NPO über Jesse und Reinier:

Reinier Baas ist ein Gitarrist und Komponist aus Amsterdam mit einem DIY-Ansatz und einem originellen Gesamtwerk. Seine 2016 erschienene „Mostly Instrumental Opera“ mit dem Titel „Reinier Baas vs. Princess Discombobulatrix“ und sein 2012 erschienenes Album „Mostly Improvised Instrumental Indie Music“ wurden beide mit dem Edison Award ausgezeichnet. Als Komponist schrieb er Werke für das Pynarello Symphony Orchestra, das Metropole Orkest, die WDR Big Band und das Jazz Orchestra of the Concertgebouw sowie Auftragswerke für das North Sea Jazz Festival, das Royal Concertgebouw, das Bimhuis und November Music. Derzeit ist Baas Mitglied von Benjamin Hermans Punk/Jazz-Gruppe Bughouse, dem Ben van Gelder Trio mit Han Bennink, Simone Grazianos FRONTAL, Peter Galls PARADOX DREAMBOX und dem Hammond-Trio Deadeye mit Kit Downes und Jonas Burgwinkel. Baas ist Dozent am Amsterdamer Konservatorium und an der Siena Jazz University.

Jesse van Ruller gewann 1995 den Thelonious Monk Wettbewerb in Washington. Die Jury, bestehend aus Pat Metheny, John Scofield, Jim Hall, Pat Martino und Mark Whitfield, befand, dass van Ruller eines der vielversprechendsten Talente seiner Zeit sei. Seitdem ist er mit zahlreichen renommierten Musikern und Ensembles aufgetreten, darunter George Duke, Joe Lovano, Pat Metheny, Peter Erskine, Mike Stern, Tom Harrell, Philip Catherine, Toots Thielemans, das Roy Hargrove Quintet, Christian McBride, Seamus Blake, das Metropole Orchestra, das Asko Ensemble, die WDR Big Band, das Birmingham Symphony Orchestra und die Berliner Philharmoniker. Van Ruller spielt regelmäßig mit dem Saxophonisten Maarten Hogenhuis. Er ist Dozent am Amsterdamer Konservatorium.

www.reinierbaas.com

Fotos: Reinier Baas © Krijn van Noordwijk / Jesse van Ruller @ Jonathan Herman

 

 

Reza Askari ROAR feat. Christopher Dell

Stefan Karl Schmid _ Klarinette
Christopher Dell _ Vibraphon
Reza Askari _ Kontrabass
Fabian Arends _ Schlagzeug

05.05.2023Beginn 21:30 Uhr

Der in Köln lebende Bassist und Komponist Reza Askari und seine Mitstreiter Stefan Karl Schmid am Saxophon und Fabian Arends am Schlagzeug lassen keine Gelegenheit verstreichen, die Grenzen des Jazz – spielerisch und voller Neugier auf das Unbekannte – neu auszutesten und für das Ensemble neu zu definieren. Gegründet im Jahr 2012 hat das Trio sich seither einen namhaften Ruf in der nationalen und internationalen Musikszene erspielt und kontinuierlich am eigenen Bandsound gearbeitet und geforscht.

 

Nach mehreren Tourneen im In- und Ausland sowie zwei Alben im Trio-Format („Roar“ 2017 und „Magic Realism“ 2020) führt die Band ihre Forschungsreise und die Weiterentwicklung des Ensemble-Sounds nun im Quartett mit dem Über-Vibraphonisten Christopher Dell fort. Zusammen präsentieren sie neue Kompositionen des Bandleaders Reza Askari, die im Dezember 2021 aufgenommen wurden und die Ende Juni 2022 auf dem Album „Roar feat. Christopher Dell“ beim Berliner Label QFTF erschienen.

www.reza-askari.com

Reza Askari ROAR feat. Christopher Dell wird gefördert durch das MInisterium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen.

Foto © Ferry Mohr

 

 

Susana Santos Silva

Susana Santos Silva _ Trompete

06.05.2023Beginn 20:00 Uhr

Susana Santos Silva ist eine in Stockholm lebende portugiesische Trompeterin, Improvisatorin und Komponistin. „Susana Santos Silva ist eine der aufregendsten Improvisator*innen der Welt“ (Downbeat) und hat einen einzigartigen künstlerischen Ansatz, der sich aus einem breiten Spektrum von Einflüssen speist, von improvisierter und zeitgenössischer Musik bis hin zu Jazz und texturaler Klangkunst. Sie ist daran interessiert, die Möglichkeiten ihres Instruments zu erweitern, neue Ausdrucksformen in der Musik zu erforschen und die Grenzen zwischen Komposition und Improvisation, akustischer und elektronischer Musik aufzulösen.

Neben ihrer Solokarriere arbeitet sie mit ihren Projekten Impermanence und Life and Other Transient Storms sowie in Bands mit Kaja Draksler, Torbjörn Zetterberg und im Trio mit Hampus Lindwall. Die gefragte Künstlerin teilte die Bühne mit Fred Frith, Anthony Braxton, Evan Parker, Joëlle Léandre, Paul Lovens, Hamid Drake, um nur einige zu nennen.

Videos:
susanasantossilva.com/all-the-birds-and-a-telephone-ringing/
susanasantossilva.com/videos/

www.susanasantossilva.com

Foto © Aloísio Brito

 

 

Alexander Hawkins Trio

Alexander Hawkins _ Klavier
Neil Charles _ Kontrabass
Stephen Davis _ Schlagzeug

06.05.2023Beginn 21:30 Uhr

Alexander Hawkins gilt als einer der innovativsten und einfallsreichsten Pianisten und Komponisten Großbritanniens. Er ist Autodidakt mit einer tiefen Liebe und Kenntnis der Jazztradition, die er zusammen mit klassischen Referenzen in seine Kompositionen und Aufführungen einfließen lässt.

Die drei Musiker spielen seit vielen Jahren in anderen von Alexander geleiteten Projekten zusammen, darunter sein Quartett und sein Ensemble. Sie bilden den Kern von Mirror Canon, das Anfang 2022 „Break a Vase“ bei Intakt veröffentlichte. Im Trio sorgen der kraftvolle Sound und das untrügliche Zeitgefühl von Neil Charles (alias Produzent Ben Marc) und das sensible Schlagzeugspiel von Stephen Davis für ein meisterhaftes Zusammenspiel von Freiheit und Struktur, Komposition und Improvisation. Ein neues Album wird 2023 bei Intakt erscheinen.

Mit Anthony Braxton hat Alexander in mehreren seiner Projekte zusammengearbeitet. 2018 trat das Trio mit ihm in London bei Braxton’s Standards auf. Anfang Januar 2020 tourte das Quartett durch Europa, nahm alle Konzerte auf und veröffentlichte das monumentale 13-CD-Live-Set Anthony Braxton Quartet (Standards). Das Trio bildet auch den Kern von John Surmans Quartett.

Presse:
Die Musik des Trios des britischen Pianisten Alexander Hawkins ist zugleich zugänglich wie abenteuerlich, pendelt zwischen komponierten Strukturen und hoch spannenden improvisatorischen Ausarbeitungen der Freiräume darin. Dabei entpuppt sich Stephen Davis als grandioser Rhythmengeber, der sehr kreativ mit den offenen Räumen arbeitet, während Kontrabassist Neil Charles das perfekte Verbindungsglied zwischen Klavier und Schlagwerk ist. Klangsuche und rauschhaft Fließendes, angereichert mit gesampelten Sounds – dieses Trio aus Großbritannien ist in jedem Moment so erfrischend, weil so voller Überraschungen.
Christoph Giese, Vilnius Jazz Festival 2022

www.alexanderhawkinsmusic.com

Foto © Dawid Laskowski

 

In Kooperation mit BR-KLASSIK
Mit freundlicher Unterstützung des Kulturreferats der Landeshauptstadt München und der JazzStiftung München

Gefördert durch den Bezirksausschuss 12 Schwabing-Freimann und die Kulturstiftung der Stadtsparkasse München

BR_KLASSIK
Kulturreferat

13.06.2023_Heidi Bayer KORSH

Heidi Bayer (Trompete, Flügelhorn)
Sven Decker (Bassklarinette, Tenorsaxophon)
Kalle Moberg (Akkordeon)
Robert Landfermann (Kontrabass)
Oli Steidle (Schlagzeug)

Das Leben steckt voller Kontraste. Sie zu akzeptieren, erfordert Mut. Unser angeborenes Harmoniebedürfnis aber durch den Filter dieser Kontraste zu schicken und dann aus Gegensätzlichem und auf den ersten Blick Widersprüchlichem etwas in sich Geschlossenes, Stringentes und Ganzheitliches abzuleiten, erfordert eine Meisterhand. Die in Köln lebende Trompeterin Heidi Bayer hat all das … den Mut, die Welt so zu akzeptieren, wie sie ist, statt wie sie sein sollte, und die Gabe, der Logik des scheinbar Unvereinbaren zu folgen, um daraus die Poesie des Kontrasts abzuleiten. Und trotzdem oder gerade deshalb ist sie eine Utopistin, die Dinge zu Gehör bringt, die so noch kein Ohr vernommen hat.

Zunächst einmal fällt die Besetzung mit Heidi Bayer an Trompete und Flügelhorn, Sven Decker an Tenorsaxofon und Bassklarinette, dem Norweger Kalle Moberg am Akkordeon, Bassist Robert Landfermann und Drummer Oli Steidle auf. Aus den Anfangsbuchstaben der Vornamen ergeben sich übrigens Bandname und Albumtitel. Unabhängig von der Tatsache, dass alle fünf Beteiligten auch selbst als Bandleader und Solisten Akzente setzen, stehen doch auch alle für eine ganz eigene Ästhetik, die sich sofort auch auf „KORSH“ offenbart. Gleich der erste Track „Once In A While“ klingt wie ein Schneesturm im Hochsommer. Verschiedene Kräfte wirken zusammen, die man so kaum auf einmal erwarten würde. Das Akkordeon drängt sich mit einer solchen Vehemenz in den Jazz-Kontext aus Trompete, Saxofon, Bass und Schlagzeug, als wollte es allein die Richtung vorgeben. Die Stimmen verhandeln miteinander und finden am Ende eine gemeinsame Richtung. All das ist genau so gewollt. Dieser Track deutet bereits an, was im weiteren Verlauf des Albums passiert, nimmt aber noch nicht alles vorweg. Denn „KORSH“ ist eine Reise, durch Höhen und Niederungen, durch Vertrautes und gänzlich Unbekanntes, durch Klarheit und Mystik, durch Persönliches und Abstraktes, und nicht selten alles zugleich.

Gegensätze ziehen sich bekanntlich an. Die Kontraste sind in den Stimmen und Idiomen der an „KORSH“ Beteiligten bereits angelegt. Heidi Bayer schreibt Musik für Personen, nicht per se für Instrumente. Das Akkordeon lag ihr schon lange am Herzen, aber ebenso lange war sie auf der Suche nach einem Akkordeonisten, der diesen Spielraum zwischen Anmut und Experimentierfreude bereits in seiner Person vereint. Nach umfangreichen Recherchen wurde sie in Norwegen bei Kalle Moberg fündig. Das Füllhorn seiner Klangmöglichkeiten versetzte sie ebenso in Begeisterung wie sein stilistisches Spektrum von Klassik über Jazz bis zu Drones. Sein Akkordeon kann hier wie eine Orgel klingen, da wie eine Bassklarinette und manchmal einfach wie die Urgewalt der Erde selbst. Mit Moberg fuhr sie volles Risiko. „Erst beim Durchhören der Aufnahmen wurde mir klar, dass dies auch voll nach hinten hätte losgehen können“, resümiert die Trompeterin, um sogleich tief zu stapeln. „Es war einfach wahnsinniges Glück, dass das alles so geklappt hat.“

Dass es eben nicht nur Glück ist, sondern eben Heidi Bayers gutes Händchen für Klänge und Stimmen, wie auch ihr Feingefühl für die Klaviatur von individuellen Charakteren, zeigt die Auswahl der übrigen Musiker. Mit Sven Decker verbindet sie eine lange Freundschaft, die schon in unterschiedlichen Projekten und Bands zum Tragen kam. Besonders schätzt sie an dem Ausnahmesaxofonisten dessen Fähigkeit, bedingungslos loszulassen. Mit Decker gemeinsam dachte sie über eine passende Rhythmusgruppe nach. Der Berliner Drummer Oliver Steidle bringt eine Paarung von Ausdruckskraft und Verspieltheit mit, die präzise in Heidi Bayers Konzept passte. Vor allem bringt auch er die erforderliche Risikobereitschaft mit. Steidle wiederum schlug Robert Landfermann als Bassisten vor, den die Bandleaderin ohnehin schon im Fokus hatte. Landfermann ist ein extrem empathischer Individualist, der das nun komplette Quintett ausbalancierte.

Und natürlich ist da auch noch Heidi Bayers eigene Stimme. Die Vielfalt ihrer spielerischen Facetten und Verkleidungen ist beeindruckend. In jedem Song nimmt sie eine andere Rolle ein. Mal tritt sie uns sehr warm und verbindlich gegenüber, mal sehr unterkühlt und spitz, und mit Brillanz und Sujetsicherheit beherrscht sie das ganze Repertoire dazwischen. „Das passiert gar nicht bewusst, aber ich wollte eine Situation schaffen, in der ich mich selbst aus meiner Komfortzone entfernen muss. Ich wollte mir einfach mal erlauben, auch all die Seiten in mir hörbar zu machen, die sonst nicht so typisch für mich sind, aber trotzdem einen Teil von mir ausmachen.“

Heidi Bayer sucht nicht nach der größtmöglichen Schnittmenge zwischen den Mitgliedern ihrer Crew, sondern arbeitet Gegensätze heraus und macht Überlappungen hörbar. Ein Widerspruch ist nur dann ein Widerspruch, wenn er als Abweichung vom Einklang der Gegebenheiten wahrgenommen wird. Heidi Bayer geht von ihren eigenen Voraussetzungen aus und schafft auf deren Grundlage ein lebensnahes Ausnahmealbum. „KORSH“ beschreibt einen asynchronen Prozess individuellen und kollektiven Zusammenrückens und Auseinanderdriftens, bei dem neben spielerischen Freiräumen vor allem die multiplen Charaktere der fünf Musikerpersönlichkeiten zur Geltung kommen. Das ausgefeilte Changieren von Persönlichkeiten in einem klar vorgegebenen Rahmen hat man so noch nicht gehört.

“Eine Reise, durch Höhen und Niederungen, durch Vertrautes und gänzlich Unbekanntes, durch Klarheit und Mystik, und nicht selten alles zugleich. Heidi Bayers Vielfalt ihrer spielerischen Facetten und Verkleidungen ist beeindruckend.”

— Wolf Kampmann

Foto © Stefan Braunbarth

www.heidi-bayer.de

11.07.2023_Bright Dark

Mark Pringle (Klavier/Synthesizer)
Felix Henkelhausen (Kontrabass)
Philip Dornbusch (Schlagzeug)

„Bright Dark“ heißt ein Projekt und Album des Berliner Pianisten Mark Pringle mit Felix Henkelhausen am Kontrabass und Philip Dornbusch am Schlagzeug. Das Trio taucht mit offenen Ohren unerschrocken in Pringles Kompositionen ein, in denen es spielerisch rhythmische Vamps navigiert, zarte Klangteppiche webt und über lyrische Melodien meditiert. Dabei werden vereinzelte elektronische Elemente in einen ansonsten lebendigen akustischen Raum integriert. Mit ganz verschiedenartigen Einflüssen wie Karlheinz Stockhausen, der Berliner elektronischen und improvisierten Musikszene, Waschsalons und lila Obst, zeichnet sich der Sound der Formation durch ein dynamisches Zusammenspiel aus – emotional, eindringlich und reflektierend.

„Bright Dark“ kann sowohl als Gegensatz, als auch deskriptiv interpretiert werden (kann etwas Dunkles eine Eigenschaft von Helligkeit besitzen?), ein Rätsel, das sich in der Musik abspielt, wo Funken vor schattenübersäten Kulissen fliegen. Das gleichnamige Album wurde 2022 von Unit Records veröffentlicht und markiert Pringles erstes aufgenommenes Statement als Bandleader eines Trios.

„Seine Motive wirken hingetupft, in den Klangraum geworfen und selbst in Momenten der Vehemenz oder der vorsichtigen elektronischen Verfremdung klar und perlend deutlich … ein Experiment mit Kontrasten aus der Tradition der offen fließenden Jazzmoderne … Pringles Klarheit der Dunkelheit.“

– Ralf Dombrowski, Jazz thing

„Mark Pringle ist ein außergewöhnlich begabter Pianist und Komponist sowie ein bemerkenswerter Improvisator“

– John Taylor

Foto © Martina Pozzan

www.markpringlemusic.com

10.10.2023_Johannes Bigge Trio

Johannes Bigge (Klavier, Komposition)
Moritz Baumgärtner (Schlagzeug)
Robert Lucaciu (Kontrabass)

„Eigentümliche Harmonien, die den Beteiligten zufliegen und wegschmelzen, noch bevor sie zu changes werden können. Grooves und Texturen, die zuerst das Eine sind, und dann das Andere werden. Gleichzeitig komplex und schlicht, irritierend und hypnotisierend, eigenständig und noch lange nicht auserzählt.“
Michael Wollny

1989 in Berlin geboren, wuchs Bigge in einem musikalischen Elternhaus zunächst mit klassischer Musik auf, wurde aber gleichzeitig von der emotionalen Direktheit des Pop geprägt. Bereits mit 16 Jahren entdeckte er das Klavier-Trio als adäquate Ausdrucksform, der er bis heute treu geblieben ist. Im Lauf seiner bisherigen Karriere, auf der ihm unter anderem Richie Beirach und Michael Wollny zur Seite standen, öffnete er sich nach allen Seiten und warf gleichzeitig immer mehr Ballast ab, um sein eigenes Idiom voll zur Entfaltung zu bringen. 2010 gründete er sein aktuelles Trio.

„Imago“ ist nach „Pegasus“ das zweite Album in dieser Besetzung. Die Musik wirkt vom ersten Ton an wie ein kollektiver Befreiungsschlag. Bigge leugnet keines seiner Vorbilder, die gleichermaßen in Jazz, Klassik und Pop zu finden sind, und doch musizieren die drei Visionäre dermaßen intuitiv und musikantisch, als hätte es noch nie zuvor die Aufnahme eines anderen Piano-Trios gegeben. Es geht dabei weder um Erwartungshaltungen noch um die Ausfüllung vorgeprägter Formen. Im Gegenteil, jeder Song ist eine neue Entdeckungsreise. Die Kompositionen stammen zwar ausschließlich aus der Feder des Pianisten, aber in seiner Grundbeschaffenheit gleicht das Trio einem gleichseitigen Dreieck, bekanntlich eine der belastbarsten geometrischen Formen überhaupt. Die Länge der Seiten und der Schwerpunkt werden jedoch in jedem Song neu verhandelt.

Die Gleichseitigkeit dieses Dreiecks lässt sich auch mühelos auf die drei Komponenten Jazz, Pop und Klassik übertragen, die der Musik zu gleichen Teilen innewohnen. Wobei es hier nicht um Fusion oder oberflächliche Crossover-Konzepte geht, sondern um eine Art spiritueller Durchdringung der den besagten drei Basisgenres zugrunde liegenden Haltungen. „Ich versuche die Emotionen, die im Pop stecken, in den Jazz zu übertragen“, erläutert Bigge, „denn die fehlen mir im Jazz oft. Die Besetzung, die Improvisation und unser Umgang mit verschiedenen Parametern und Formen kommen natürlich vom Jazz. Allerdings ist es uns wichtig, dass die Improvisationen immer eine Funktion innerhalb des Stücks haben und so klingen, als wären sie Teil der Komposition. Als Komponist bin ich auch von der strukturellen Klarheit J.S. Bachs geprägt. Am Ende wollen wir Komplexität immer mit Zugänglichkeit zusammenbringen.“

Auffällig ist auf Anhieb die Kürze und Prägnanz der Stücke. Dem Geist der spontanen Improvisation verpflichtet, ist Bigge jedoch voll und ganz Komponist. Er wägt alle Aspekte eines Musikstückes ab und weiß genau, wie viel von was ein Stück braucht. Was gesagt werden soll, wird gesagt, und fertig. Zugleich stecken die Tracks voller Dynamik, Emotion teils gegenläufiger Bewegung sowie überraschenden Stimmungs- und Tempowechseln. Trotz provokanter Asymmetrie konzentriert sich Bigge immer aufs Wesentliche. Geschickt spielt er mit Widersprüchen. So sind seine Kompositionen gleichermaßen komplex und einfach, inbrünstig und sachlich, verstiegen und leicht zugänglich, klar strukturiert und doch voller verschlüsselter Bilder. Man muss dieses Album nur ein einziges Mal hören, und schon bleibt aus der Vielzahl der Motive jede Menge Abrufbares im inneren Player des Hörers hängen.

Der Begriff Imago suggeriert gleichermaßen Bild und Einheit. Das Johannes Bigge Trio ist immer und in jedem spielerischen Moment im Bilde. Da spielt es kaum eine Rolle, welche Parts improvisiert oder komponiert sind, denn die jeweiligen Bilder sind extrem flexibel. Für Bigge selbst hat Imago noch eine weitere Bedeutung. „Ich hatte über Insekten gelesen, das letzte Stadium ihrer Metamorphose nach Larve und Puppe wird Imago genannt, sozusagen das fertige ,Bild der Artʼ. Das Stück ,Imagoʼ mit seiner Idylle am Anfang, die mehrmals abrupt durchbrochen wird und sich dann zu etwas ganz anderem hin entwickelt, trägt diese Metamorphose, das Durchstoßen der Verpuppung und Erscheinen des Imago in sich.“

Auch diese Lesart macht Sinn, denn im Grunde geht es bei den Songs um verschiedene Zustände von Komposition, von denen das, was landläufig als Improvisation verstanden wird, lediglich der spontanste ist. Was zählt, ist das Ergebnis. Vollkommenheit als Ausdruck von Vergänglichkeit. „Auf das Album als Ganzes übertragen“, so Bigge, „ haben sowohl wir als Band als auch die Musik seit dem letzten Album eine Metamorphose erlebt.“

Verstricken wir uns hier jedoch nicht in herkömmlichen Begrifflichkeiten und Betrachtungsweisen, denn sie werden der Musik des Johannes Bigge Trios nicht gerecht. Auf „Imago“ manifestiert sich eine Sprache, für die es kein Wörterbuch gibt. Was hier entsteht, will nicht erklärt, sondern im unmittelbarsten Sinne des Albums imaginiert werden.

(Wolf Kampmann)

„Es ist eine musikalische Fahrt ins Gelände, dort wo nichts asphaltiert ist, wo es vieles zu erforschen gilt. Eine Entdeckung, dieses Album und dieser Pianist.“
Thorsten Hingst im Jazz Podium

„Wie diese acht Titel pulsieren, wie sie sich wenden und drehen, wie sie auf- und abebben, wie sich Akkorde ballen und in feine Melodien auflösen, fällt weit aus dem Rahmen dessen, was die meisten anderen Klaviertrios bieten.“
Werner Stiefele im Rondo-Magazin

„Seine Musik klingt tatsächlich unerhört frisch und anders. … Es ist nicht überraschend, dass ein solch mutiges Album auf dem Nischenlabel des Musikers Nls Wogram erscheint.“
Frank von Niederhäusern im Kulturtipp (CH)

Foto © Lukas Diller

johannesbiggetrio.com

14.11.2023_STRUCTUCTURE

Victor Fox (Tenorsaxophon, Bassklarinette)
Asger Nissen (Altsaxophon, Altklarinette)
Roger Kintopf (Kontrabass)
Felix Ambach (Schlagzeug)

Structucture vereint vier Individuen, welche bei Ihrer ersten gemeinsamen Begegnung unmittelbar ihre übereinstimmenden Ideen einer musikalischen Spielhaltung entdeckten. In ihrer Musik geht es um Energie, um das Erschaffen eines kollektiven Ausdrucks von Kreativität. Das konzentrierte Zusammenspiel bewegt sich zwischen schnellen Impulsen und Ruhephasen, welche von allen vier Musikern gleichermaßen gesteuert und verarbeitet werden.

In Roger Kintopf’s Kompositionen werden die Möglichkeiten des interaktiven Zusammenspiels innerhalb des Quartetts ohne Harmonieinstrument bis in die Tiefe ausgelotet. Die Kompositionen gründen auf starken Strukturen, Rhythmen und Harmonien, welche die beiden Saxophonisten Victor Fox und Asger Nissen auf vielfältigste Weise miteinander agieren lassen.

Felix Ambach und Roger Kintopf sind nicht einfach Rhythmusgruppe. Als eine stark verzahnte Einheit entwickelt Structucture eine Spielhaltung, welche stets den Gesamtsound der Band und die Flexibilität jedes individuellen Musikers innerhalb eines sich einheitlich bewegenden Geflechts fokussiert.

„Vom Ansatz her weckt der Sound, den Kintopf mit den beiden Saxophonisten Asger Nissen (Alt) und Victor Fox (Tenor), sowie dem Schlagzeuger Felix Ambach kreiert, Erinnerungen an das Gerry Milligan Quartett: Die Bläser führen die Melodie, spielen mit- oder gegeneinander und verzahnen sich zu einer Stimme. Dazu braucht es mit ebenso festen, wie offenen Strukturen, die das Beste aus jedem der vier hervorkitzeln. Die Krux des ständigen Wechsels zwischen schnellen Impulsen und Ruhephasen liegt darin, nicht allzu intellektuell, zu „kopfig“ zu klingen. Das gelingt Kintopf und Co. erstaunlich gut (…). “
Jazz Thing

„Ihr entwickeltes Spezifikum sind melodische Wucherungen und Gratwanderungen, Dabei pendelt das Quartett zwischen hitziger Gesprächigkeit und entschleunigter, teppichaper Ausbreitung. Bemerkenswertes Selbstverständnis kennzeichnet die Vernetzung von kompositorischem Kalkül und improvisatorischem Freilauf.“
Concerto Austria

„Verschachtelt wirken die Strukturen der einzelnen Songs, (..) hier bestimmen spontane Aktivitäten und emotionale Ausbrüche den Augenblick. Und so reihen sich viele kreative Augenblicke aneinander zu einem unterhaltenden Ganzen. (..) die Musik wirkt dann recht intellektuell, doch durchaus nicht kalt (..) – sehr modern, sehr niveauvoll, sehr fordernd, sehr kreativ.“
Musikansich

„The bass leader leads his crew into off kilter realms of left leaning dissonance that is reminiscent of classic civil rights jazz directly from the church basement—how timely. Not for the linear listener, this is one of those wild rides that careens with abandon and glee.“
Midwest Records

Foto © Florian Fries

rogerkintopf.com/structucture

12.12.2023_Obsany

Simon Jermyn (Gitarre)
Petter Eldh (Bass)
Otis Sandsjo (Tenorsaxophon)
Lukas Akintaya (Schlagzeug)

Obsany ist ein neues Quartett aus Berlin, das von dem Gitarristen Simon Jermyn geleitet wird; einem irischen Musiker, der nach 11 Jahren in New York vor kurzem nach Berlin gezogen ist. Die Band besteht aus den Schweden Petter Eldh am E-Bass und Otis Sandjo am Tenorsaxophon sowie dem deutschen Schlagzeuger Lukas Akintaya.

Obsany spielen Jermyns Kompositionen, eine aufregende und unterhaltsame Mischung aus Grooves, überraschenden Melodien, offenen Improvisationen und Klanglandschaften. Die Einflüsse dieser Band reichen von Jazz und improvisierter Musik über Electronica, Neue Musik, Afropop und Rock.

(Obsany ist ein Wort, an das sich Simon aus einem Traum erinnert, es scheint in keiner Form oder Sprache zu existieren, die das Internet finden kann).

Simon Jermyn hat mit vielen wichtigen Musikern zusammengearbeitet, darunter John Zorn, Jim Black, Gerald Cleaver, Tom Rainey, Chris Speed, Mat Maneri und Chris Lightcap. Er ist erst der zweite irische Musiker, der im Village Vanguard auftrat und hat an der Ulster University in Nordirland promoviert.

Der schwedische Bassist und Produzent Petter Eldh ist einer der angesehensten Musiker der europäischen Jazzszene, bekannt durch seine Arbeit mit seiner eigenen Gruppe Koma Saxo, Lucia Cadotchs Speak Low, Enemy mit Kit Downes und James Maddren und dem Trio von Django Bates.

Otis Sandjo spielt Tenorsaxophon und ist an einer Vielzahl innovativer Bands in der europäischen Szene beteiligt, darunter Speak Low, Koma Saxo und seine eigene genreübergreifende Gruppe Y-Otis.

Lukas stammt aus Deutschland und lebt in Berlin, wo er sein Quartett HUES leitet, dessen Debütalbum kürzlich bei Chris Speed’s Plattenlabel Skirl Records erschienen ist. Neben seiner eigenen Band ist er auch als Sideman und Kollaborateur aktiv. Er ist Mitglied des Holon Trios, mit dem er für Orchester komponiert hat.

Foto © Odelia Toder

www.simonjermynmusic.com
www.pettereldh.com
www.lukasakintaya.com