Pascal Klewer (Trompete) Leif Berger (Schlagzeug) Felix Hauptmann (Klavier/Synthesizer) Roger Kintopf (Kontrabass) Florian Herzog (Kontrabass)
“The Consistency of Destruction” arbeitet und forscht an Strukturen, Polyrhythmik, Dichte und Klang. Die Musik des Kölner Ensembles, bestehend aus den beiden Bassisten Roger Kintopf und Florian Herzog, dem Schlagzeuger Leif Berger, dem Pianisten Felix Hauptmann und dem Trompeter Pascal Klewer, befindet sich an den Grenzen der Avantgarde, Improvisierten Musik und der Neuen Musik. Die intensiv erarbeiteten Stücke, Vorlagen, Vorgaben und Konzepte werden stets weiter erforscht und schließlich zerstört, hinterfragt und neu verkoppelt.
Die Band veröffentlicht im Laufe 2021/2022 insgesamt 5 Alben auf dem Label sts|sts records.
Felix Henkelhausen (Electronics, Bass) Ludwig Wandinger (Electronics) Moritz Baumgärtner (Schlagzeug) Philip Zoubek (Synthesizer) Philipp Gropper (Tenor und Sopransaxophon)
Seit ihrer Gründung arbeiten TAU 5 auf Basis neuer Kompositionsformen und Improvisationskonzepte an dem Vokabular einer eigenen, kollektiven Klangsprache und entwickeln ausgehend von Jazz, Electronic, HipHop, Improv und Neuer Musik ihren Sound mutig weiter.
Supergroup ist – zugegeben – ein etwas abgeschmackter Begriff. Aber im Herbst 2020, in einer Zeit, in der jede mögliche Gruppenbildung mit tollen Individuen nicht nur in der Kunst ein Grund zur Freude ist, möchten wir ihn gerne wieder zurück auf den Plan rufen. TAU 5 ist ein solches Supergruppen-Quintett mit Basis in Berlin, das aus fünf schillernden Persönlichkeiten der jungen europäischen Jazzszene besteht. Moritz Baumgärtner an Schlagzeug und Percussion, Philipp Gropper am Saxophon, Philip Zoubek an der Electronic, Felix Henkelhausen am Bass – und nicht zuletzt Ludwig Wandinger als Produzent und Editor. Denn die Editierarbeit ist tatsächlich ein wichtiger, beinahe kompositorischer Teil ihres Debüt-Albums mit dem allumspannenden Titel „Kreise“. Über drei Jahre hinweg hat das Material große Kreise an den unterschiedlichen Schnittstellen der Produktion gezogen. Von den Kompositionen und Konzeptionen bis zum finalen Mixdown. Wir hören gespielte Notationen, freie Jams und erneute Improvisationen zu bereits editierten Sessions auf dieser kreisförmigen Doppel-Langspielplatte. Das Ende eines Prozesses wird bei TAU5 stets als Anfang eines neuen Prozesses begriffen.
Hier trifft „Bitches Brew“ auf den Geist von Eric Dolphy oder Cecil Taylor unter den Produktionsbedingungen von Ableton-Live. So erinnert „Kreise“ in vielen Momenten eher an Flying Lotus, als an ein klassisches Live- Quintett des Free-, Modern- oder Fusion-Jazz- Betriebs. Doch selbstverständlich besitzen TAU 5 die Fähigkeiten, diese unfassbare Musik 1 zu 1 auf die Bühne zu bringen. Schließlich sind sie weder ein Kurator*innen- noch Produzentent*innen-Traum. Wir sprechen über eine Band: „Next level shit“, würden da wohl die Nachbar*innen aus der HipHop-Abteilung sagen. Dabei sind die Musiker von TAU 5 genauso vom HipHop wie von elektronischer Musik beeinflusst, so wie der Jazz längst wieder mit einer großen Selbstverständlichkeit junge Leute vom Pop bis in die Elektronik hinein beeinflusst. Der Erdkundelehrer-Muff von einst ist lange verflogen. Dem Internet sei gedankt. Nicht nur ihm, aber sicherlich auch.
Die Musik zieht sowieso munter weiter ihre Kreise. Saxophone mit soundverfremdenden Plug-Ins, komplexen, handgespielten Drum- Patterns und den darauf fußenden Loops. „Natürliche“ Sounds und Synthesen. Alles morpht hier ineinander, so wie das Artwork des Berliner Künstlers Markus S. Fiedler, von dessen Arbeit auch niemand mehr mit Gewissheit sagen kann, ob seine Bilderwelten in all ihrer farbigen Pracht vollständig am Computer generiert sind, oder ob es doch nur ein Tableau ist, auf dem fotografische Elemente am Rechner weiterbehandelt wurden.
Was all diese Fragen über die mediale Wahrnehmung unserer Gegenwart aussagen, mag jede(r) für sich entscheiden. Die Gruppe TAU 5 sieht dieses Album ohnehin nicht als ein Manifest, sondern als eine Beschreibung von Zuständen. Als könne man für ausgewählte Momente der Erschaffung oder Erhaltung von Systemen zuhören. Ja, als hörten wir beim Bestäuben einer Pflanze für wenige Minuten nicht nur der Biene, sondern auch der Pflanze zu. Oder den Wolken da oben auf ihrer Reise vom Meer in die nächste Bauernschaft oder Metropole. Die vorbeifahrenden Autos nicht zu vergessen. Und die Prozessoren in unseren Rechnern und Smartphones…
Es ist ihre große Offenheit, Neugierde und natürlich sind es ihre immensen Fähigkeiten, die TAU 5 im Kollektiv zur eingangs beschriebenen Supergroup mit einem echten Superalbum machen. Fantastisch!
Nissen Mosh spielt erfrischend neue Eigenkompositionen des dänischen Saxophonisten Asger Nissen. Nachdem dieser sich in den letzten Jahren in der deutschen Jazzszene etabliert hat, präsentiert er nun seine brandneue Band.
Die Musik von Nissen Mosh spiegelt einige von Asgers wichtigsten Einflüssen aus alter, moderner und zeitgenössischer Musik in einem frischen, neugierigen und lebendigen Klangbild wider. Das manchmal fast symbiotische Zusammenspiel zwischen Valentin Gerhardus und Asger Nissen schafft eine besondere Atmosphäre harmonischer Spontanität und melodischem Überfluss, begleitet von einer Rhythmusgruppe, bestehend aus TB und Marius Wankel, die nicht nur ein solides Fundament legt, sondern auch die Führung übernehmen kann und so einen starken und einheitlichen Bandsound schafft.
Gemeinsam machen Nissen Mosh energiegeladene Musik mit harmonischen und melodischen Experimenten, getragen von einem starken rhythmischen Fundament, vibrierenden Grooves, fließenden Beats und purer Power.
„Nissen ist ein ausgezeichneter Improvisator, der das Abstrakte stimmig mit dem sanglich Emotionalen zu verbinden weiß, aber sein Hauptaugenmerk liegt auf Kompositionen, deren lange dramaturgische Bögen eine gewisse spirituelle Nähe zu Tim Berne verraten.”
ASGER NISSEN (*17.11.1996)
Seit seiner Ankunft in Berlin Ende 2017, hat sich der dänische Altsaxophonist Asger Nissen, mit seinem unverwechselbaren emotionalen Sound sowie seinem energiedurchzogenem und neugierigem Spielansatz einen Namen als gefragter Saxophonist in der deutschen Jazzszene gemacht. Er arbeitet mit den unterschiedlichsten Jazzmusiker*innen (zB. Jim Black, Jeff Ballard, Wanja Slavin, Jonas Westergaard, Mirna Bogdanovic, Chris Dell, Otis Sandsjö, Philipp Gropper, Olive Steidle, Uli Kempendorff, Pablo Held, Bernhard Meyer, Phil Donkin usw.) zusammen und tourte durch ganz Europa — mit Konzerten in zahlreichen Clubs und auf Festivals (u.a. A-Trane, Montmartre Kopenhagen, Loft Köln, Jazz Baltica, North Sea Jazz, Copenhagen Jay Festival, … ).
Vor seiner Zeit in Berlin war Asger Nissen ein aktiver Teil der Kopenhagener Jazzszene und war Mitglied der preisgekrönten Band ALAWARI!.
Asger Nissen wurde 2021 mit dem JIB Jazz Preis der Karl Hofer Gesellschaft 2021 ausgezeichnet als herausragender Solist. Im August 2021 hat er mit dem Kölnerformation, STRUCTUCTURE, den Avignon Jazz Preis gewonnen.
VALENTIN GERHARDUS (*16.07.1997)
Valentin Gerhardus ist Pianist und lebt in Berlin. Bereits als Schüler stand er bei einem Austauschprojekt mit dem New Yorker Musiker Roy Nathanson (Jazz Passengers, Lounge Lizards) auf der Bühne und war Preisträger bei Wettbewerben wie der Bundesbegegnung Jugend Jazzt in Stuttgart 2014. Von 2015 bis 2020 studierte er Jazz Klavier bei Prof. Michael Wollny an der Hochschule für Musik und Theater in Leipzig. Als Teil der Leipziger, Berliner und Münchner Musikszene tritt er regelmäßig deutschlandweit auf, spielte zudem Konzerte in Rumänien, England und Wales. Hierbei spielte er mit Musikern wie Tony Lakatos, Phil Donkin, Johannes Enders, Onyx Collective, Johannes Lauer, Philipp Gropper, Moritz Baumgärtner, Uli Kempendorff, Wanja Slavin, Leif Berger.
Anfang 2020 startete er gemeinsam mit Uli Huebner die Konzertreihe „Glitch“ in Leipzig mit geplanten Gästen wie Kalle Kalima, Otis Sandsjö, Leif Berger etc.
THORBJØRN TB STEFANSSON (*13.11.1997)
Thorbjørn Stefansson (alias TB), ist ein Dänischer Bassist aus Aarhus. Schon während seiner Abschlussjahre am Gymnasium war er ein wichtiger Teil der aufstrebenden Jazzszene von Aarhus. Dort spielte er mit prominenten Vertretern der dänischen Jazzszene, wie Claus Waidtløw oder Artur Tuznik.
Nach dem Abschluss seines Abitur verbrachte TB zwei Jahre in Schweden an der renommierten Internatsschule Skurup Folkshögskola, wo er Unterricht von u.a. Johnny Åman, Fredrik Kronkvist und Kathrine Windfeld erhielt.
TB lebt jetzt seit 2019 in Berlin, wo er seinen Bachelor am Jazz Institut Berlin der Universität der Künste absolviert. Er ist ein wichtiger Bestandteil der jungen Berliner Jazzszene und spielt mit unter anderem Moritz Baumgärtner, Uli Kempendorff und Uri Gincel.
MARIUS WANKEL (*11.07.1996)
Marius Wankel ist Schlagzeuger und lebt in Berlin. Nachdem er in einer musikalischen Familie früh zum Klavier und Schlagzeug gefunden hatte, begann er nach dem Musikgymnasium den Bachelor im Hauptfach Jazzschlagzeug an der Hochschule für Musik Würzburg und bekam Unterricht bei Bill Elgart und Bastian Jütte. Zwischen 2013 und 2015 war er bei „Jugend Jazzt“ Preisträger mit verschiedenen Besetzungen. 2018 wechselte er an das Jazz Institut Berlin, um dort sein Studium bei u.a. Heinrich Köbberling und Greg Cohen fortzuführen. Neben zahlreichen Projekten in Berlin ist er auch ein aktives Mitglied der Jazz Szenen in München und Leipzig.
Evi Filippou (Vibraphon, Perkussion, Gesang) Arne Braun (Gitarre) Eldar Tsalikov (Altsaxophon, Klarinette) Robert Lucaciu (Kontrabass) Moritz Baumgärtner (Schlagzeug)
inEvitable ist das neueste musikalische Projekt der Vibraphonisten Evi Filippou. Im Mittelpunkt steht das Experimentieren mit den Formen der griechischen Folklore, des Jazz und der improvisierten Musik.
Die Perkussionistin und Songwriterin folgt dabei ihrem Bedürfnis nach Selbstausdruck und erforscht ihre musikalischen Wurzeln zurück zum folkloristischen Erbe ihres Heimatlandes – mit Melodien, die zwischen zeitlosen, traditionellen Motiven, den Volksliedern der 60er und 70er-Jahren sowie der modernen Singer-Songwriter-Tradition liegen. Gleichzeitig hat sich diese zutiefst endemische Auseinandersetzung mit ihrem Weg durch die zeitgenössische Szene Berlins vermischt. Eine besondere Verschmelzung von Genres und persönlichen Erfahrungen, die zur Entstehung von inEvitable führte, einer Band, in der herausragende Improvisatoren mit Filippous Arrangements interagieren.
Zusammen spielen sie eine Sammlung von Arrangements und Kompositionen, die von Folk und traditionellen Genres inspiriert sind: Tanzmelodie der Insel Korfu, ein serbischer Klassiker, ein spirituelles Lied der afroamerikanischen Tradition oder eine Instrumentalversion von Angelique Ionnatos Musik. Das Ergebnis ist ein ökumenisch musikalischer Kosmos, gefüllt mit Postkarten aus aller Welt
Evi Filippou (1993), hat mit 7 Jahren angefangen Schlagzeug zu spielen. Mit einem Stipendium des Athener Konzerthauses schloß sie das Volos Konservatorium ab und zog 2011 nach Berlin, wo sie an der Hochschule für Musik „Ηanns Eisler” ihren Bachelor und MA Abschluss mit Auszeichnung machte.
An Berufserfahrung stehen die Mitwirkung bei Orchestern und Kammermusik Ensembles (u.a.Bolshoi Ballet Orchestra, Ensemble United Berlin) als auch solo Auftritte klassischer und improvisierter Musik und Duo Kooperationen (“ff duet” mit Katerina Fotinaki, “blowslap” Duo mit saxophonist Hayden Chisholm). Auch in der Jazz Szene aktiv spielt Filippou unter anderem bei Stefan Schultzes’ Large Ensemble und Chris Dahlgrens’ DHALGREN. Zusammen mit Harfenistin Andrea Voets arbeitet sie an Live Film Musik Projekte (musical journalism, u.a. “Xenitia – a documentary concert about migration”). Ihre eigene Musik und Arrangements spielt Evi mit ihrem Quintett inEvitable.
Ein grosser Teil ihres künstlerisches Lebens gilt dem Musiktheater (Gründungsmitglied des „Opera Lab Berlin” Ensembles). Sie wirkt bei zahlreichen Produktionen mit (u.a. in der Neuen Werkstatt der Staatsoper Berlin, Hauen und Stechen Musiktheater Kollektiv). Seit 2016 ist Evi auch Dozentin in berliner Grundschulen gefördet von “Vincentino e.V. – Kultur stärkt Kinder in Berlin”. Ständig beschäftigt mit der Koexistenz von Komposition und Improvisation, Präzision und authentischer persönlicher Ausdruck wohnt und übt Evi in Berlin.
Presse:
„Was für eine witzige Mischung aus griechischer Folklore, im Fall des Openers „Perdika reloaded“ von der Insel Korfu, Ringelspiel-Musik und freier Improvisation! Manches davon würde sich auch ideal als Soundtrack zur Untermalung eines „Tom & Jerry“-Streifens eignen. Die 29-jährige, aus Griechenland stammende und seit gut zehn Jahren in Berlin lebende Vibraphonistin und Perkussionistin Evi Filippou ist in der Klassik und in der Neuen Musik ebenso zuhause wie im Jazz, in der freien Improvisation oder im Musiktheater. Es gelingt ihr mit beeindruckender Leichtigkeit, ihre vielseitigen Interessen in einen gleichermaßen mitreißenden wie stimmigen Mix zu integrieren, auf dem die Beschäftigung mit den musikalischen Wurzeln ihrer ursprünglichen Heimat sozusagen als außergewöhnliches Sahnehäubchen thront.
Filippou ist an Vibraphon und Perkussionsinstrumenten gleichermaßen wendig und einfallsreich wie beim Komponieren und Arrangieren, was natürlich kongeniale Partner erforderlich macht. Der russische Altsaxophonist und Klarinettist Eldar Tsalikov agiert höchst sensibel, kann aber auch förmlich explodieren, der finnische Gitarrist Arne Braun steuert unorthodoxen Saitenzauber bei, und das aus Bassist Felix Henkelhausen und Drummer Moritz Baumgärtner bestehende Rhyhtmus-Gespann versteht es, Filippous komplexe rhythmische Ideen mühelos zu verfeinern und umzusetzen. Die Gäste Julius Gawlik (Tenorsax, Klarinette) und Jone Bolibar (Klarinette, Bassklarinette) fetten bei Bedarf die Bläserstimmen auf.
„Maria“ startet als stimmungsvolles impressionistisches Klanggemälde, das mit wundervoller Leichtigkeit nahezu tänzerische Qualitäten entwickelt. Das auf einem serbischen Folk-Song basierende „Spa of Niš“ lässt Balkan-Swing aufleuchten, rasch durchbrochen durch freie Einwürfe, bevor es gar zu idyllisch wird. Auch die rasante „Hymn to the Sun“ – von der 2021 verstorbenen, griechischen Sängerin und Komponistin Angélique Ionatos geschrieben und von Filippou arrangiert – ist mit den für die griechische Folklore typischen, ungeraden Rhythmen gespickt. Bei „In The Apple Tree“, einer Improvisation nach dem Stück „I Milia“ des zeitgenössischen, kretischen Musikers und Komponisten Loudovikos ton Anogeion, steuert Lara Alarcón Vokalartistisches bei. Das von Elias Stemeseder komponierte „Resolution Points“ stellt einen rasanten Ausflug in die Neue Musik dar, während das auf dem Gospelsong „Just a Closer Walk With Thee“ basiernde „Ode to A.L.B.B.“ einen stimmungsvoll swingenden Abgang aus diesem enorm abwechslungsreichen Debütalbum von inEvitable beschert.
In den Bandnamen ihres Quintetts hat Filippou klarerweise ein Wortspiel mit ihrem Vornamen versteckt, und das englische Wort „inevitable“ hat eine ganze Menge an Bedeutungen – zwangsläufig notwendig, unumgänglich, unvermeidlich, naturgegeben –, sie alle passen irgendwie auf dieses bei Alfred Vogels Boomslang Records erschienene Album, das man auch als notwendiges Ventil für die außerordentliche Kreativität der Bandleaderin sehen kann. Die Band hat übrigens bei den diesjährigen Bezau Beatz auch ihre hervorragenden Live-Qualitäten unter Beweis gestellt, und Evi Filippous charmante Art und überbordende Spielfreude wirkte auf die Mitspieler gleichermaßen ansteckend wie auf das begeisterte Publikum.“
(Peter Füssl · 07. Sep 2022 · CD-Tipp Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft)
Alexander Hawkins Trio Alexander Hawkins _ Klavier
Neil Charles _ Kontrabass
Stephen Davis _ Schlagzeug
Tagesticket: 30 Euro ⁄ Ermäßigt* 25 Euro Festivalpass: 50 Euro ⁄ Ermäßigt* 42 Euro
* für Schüler*innen, Studierende und körperlich beeinträchtigte Menschen
Einlass: 19:00 Uhr / Beginn: 20:00 Uhr
Karten sind an der Abendkasse erhältlich oder per Reservierung an info@jazz-plus.de
Reservierte Tickets bitte bis spätestens 10 Minuten vor Konzertbeginn abholen, ansonsten gelangen sie wieder in den freien Verkauf.
Alle Konzerte werden vom Bayerischen Rundfunk aufgezeichnet.
Sendetermin:
Jazz extra auf BR-KLASSIK: 12. Mai 2023 von 22.05 Uhr bis 0 Uhr
Highlights, Stimmen und Eindrücke vom „Jazz+“-Festival 2023
Baas / van Ruller
Reinier Baas _ Gitarre
Jesse van Ruller _ Gitarre
05.05.2023 – Beginn 20:00 Uhr
Als Reinier Baas als Jugendlicher zum ersten Mal Jesse van Ruller Gitarre spielen sah, war er verblüfft. Bis dahin hatte er keine Ahnung, dass das, was er sah und hörte, überhaupt möglich war. Baas: „Ich konnte Jesse nicht einmal imitieren, selbst wenn ich es gewollt hätte, also musste ich mir etwas anderes ausdenken.“ Das hat ihn schließlich dazu gebracht, seinen eigenen Stil zu entwickeln. Van Ruller war gerade bekannt geworden, als er 1995 den renommierten Thelonious Monk Award erhielt. Jahre später gehören beide zu den herausragenden europäischen Jazzgitarristen. Nur gelegentlich treten sie als Duo auf, aber sie lieben es, sich gegenseitig herauszufordern und zu überraschen, wenn sich die Gelegenheit bietet.
Dokumentarfilm des niederländischen Fernsehsenders NPO über Jesse und Reinier:
Reinier Baas ist ein Gitarrist und Komponist aus Amsterdam mit einem DIY-Ansatz und einem originellen Gesamtwerk. Seine 2016 erschienene „Mostly Instrumental Opera“ mit dem Titel „Reinier Baas vs. Princess Discombobulatrix“ und sein 2012 erschienenes Album „Mostly Improvised Instrumental Indie Music“ wurden beide mit dem Edison Award ausgezeichnet. Als Komponist schrieb er Werke für das Pynarello Symphony Orchestra, das Metropole Orkest, die WDR Big Band und das Jazz Orchestra of the Concertgebouw sowie Auftragswerke für das North Sea Jazz Festival, das Royal Concertgebouw, das Bimhuis und November Music. Derzeit ist Baas Mitglied von Benjamin Hermans Punk/Jazz-Gruppe Bughouse, dem Ben van Gelder Trio mit Han Bennink, Simone Grazianos FRONTAL, Peter Galls PARADOX DREAMBOX und dem Hammond-Trio Deadeye mit Kit Downes und Jonas Burgwinkel. Baas ist Dozent am Amsterdamer Konservatorium und an der Siena Jazz University.
Jesse van Ruller gewann 1995 den Thelonious Monk Wettbewerb in Washington. Die Jury, bestehend aus Pat Metheny, John Scofield, Jim Hall, Pat Martino und Mark Whitfield, befand, dass van Ruller eines der vielversprechendsten Talente seiner Zeit sei. Seitdem ist er mit zahlreichen renommierten Musikern und Ensembles aufgetreten, darunter George Duke, Joe Lovano, Pat Metheny, Peter Erskine, Mike Stern, Tom Harrell, Philip Catherine, Toots Thielemans, das Roy Hargrove Quintet, Christian McBride, Seamus Blake, das Metropole Orchestra, das Asko Ensemble, die WDR Big Band, das Birmingham Symphony Orchestra und die Berliner Philharmoniker. Van Ruller spielt regelmäßig mit dem Saxophonisten Maarten Hogenhuis. Er ist Dozent am Amsterdamer Konservatorium.
Stefan Karl Schmid _ Klarinette
Christopher Dell _ Vibraphon
Reza Askari _ Kontrabass
Fabian Arends _ Schlagzeug
05.05.2023 – Beginn 21:30 Uhr
Der in Köln lebende Bassist und Komponist Reza Askari und seine Mitstreiter Stefan Karl Schmid am Saxophon und Fabian Arends am Schlagzeug lassen keine Gelegenheit verstreichen, die Grenzen des Jazz – spielerisch und voller Neugier auf das Unbekannte – neu auszutesten und für das Ensemble neu zu definieren. Gegründet im Jahr 2012 hat das Trio sich seither einen namhaften Ruf in der nationalen und internationalen Musikszene erspielt und kontinuierlich am eigenen Bandsound gearbeitet und geforscht.
Nach mehreren Tourneen im In- und Ausland sowie zwei Alben im Trio-Format („Roar“ 2017 und „Magic Realism“ 2020) führt die Band ihre Forschungsreise und die Weiterentwicklung des Ensemble-Sounds nun im Quartett mit dem Über-Vibraphonisten Christopher Dell fort. Zusammen präsentieren sie neue Kompositionen des Bandleaders Reza Askari, die im Dezember 2021 aufgenommen wurden und die Ende Juni 2022 auf dem Album „Roar feat. Christopher Dell“ beim Berliner Label QFTF erschienen.
Susana Santos Silva ist eine in Stockholm lebende portugiesische Trompeterin, Improvisatorin und Komponistin. „Susana Santos Silva ist eine der aufregendsten Improvisator*innen der Welt“ (Downbeat) und hat einen einzigartigen künstlerischen Ansatz, der sich aus einem breiten Spektrum von Einflüssen speist, von improvisierter und zeitgenössischer Musik bis hin zu Jazz und texturaler Klangkunst. Sie ist daran interessiert, die Möglichkeiten ihres Instruments zu erweitern, neue Ausdrucksformen in der Musik zu erforschen und die Grenzen zwischen Komposition und Improvisation, akustischer und elektronischer Musik aufzulösen.
Neben ihrer Solokarriere arbeitet sie mit ihren Projekten Impermanence und Life and Other Transient Storms sowie in Bands mit Kaja Draksler, Torbjörn Zetterberg und im Trio mit Hampus Lindwall. Die gefragte Künstlerin teilte die Bühne mit Fred Frith, Anthony Braxton, Evan Parker, Joëlle Léandre, Paul Lovens, Hamid Drake, um nur einige zu nennen.
Alexander Hawkins _ Klavier
Neil Charles _ Kontrabass
Stephen Davis _ Schlagzeug
06.05.2023 – Beginn 21:30 Uhr
Alexander Hawkins gilt als einer der innovativsten und einfallsreichsten Pianisten und Komponisten Großbritanniens. Er ist Autodidakt mit einer tiefen Liebe und Kenntnis der Jazztradition, die er zusammen mit klassischen Referenzen in seine Kompositionen und Aufführungen einfließen lässt.
Die drei Musiker spielen seit vielen Jahren in anderen von Alexander geleiteten Projekten zusammen, darunter sein Quartett und sein Ensemble. Sie bilden den Kern von Mirror Canon, das Anfang 2022 „Break a Vase“ bei Intakt veröffentlichte. Im Trio sorgen der kraftvolle Sound und das untrügliche Zeitgefühl von Neil Charles (alias Produzent Ben Marc) und das sensible Schlagzeugspiel von Stephen Davis für ein meisterhaftes Zusammenspiel von Freiheit und Struktur, Komposition und Improvisation. Ein neues Album wird 2023 bei Intakt erscheinen.
Mit Anthony Braxton hat Alexander in mehreren seiner Projekte zusammengearbeitet. 2018 trat das Trio mit ihm in London bei Braxton’s Standards auf. Anfang Januar 2020 tourte das Quartett durch Europa, nahm alle Konzerte auf und veröffentlichte das monumentale 13-CD-Live-Set Anthony Braxton Quartet (Standards). Das Trio bildet auch den Kern von John Surmans Quartett.
Presse:
Die Musik des Trios des britischen Pianisten Alexander Hawkins ist zugleich zugänglich wie abenteuerlich, pendelt zwischen komponierten Strukturen und hoch spannenden improvisatorischen Ausarbeitungen der Freiräume darin. Dabei entpuppt sich Stephen Davis als grandioser Rhythmengeber, der sehr kreativ mit den offenen Räumen arbeitet, während Kontrabassist Neil Charles das perfekte Verbindungsglied zwischen Klavier und Schlagwerk ist. Klangsuche und rauschhaft Fließendes, angereichert mit gesampelten Sounds – dieses Trio aus Großbritannien ist in jedem Moment so erfrischend, weil so voller Überraschungen.
Christoph Giese, Vilnius Jazz Festival 2022
In Kooperation mit BR-KLASSIK
Mit freundlicher Unterstützung des Kulturreferats der Landeshauptstadt München und der JazzStiftung München
Gefördert durch den Bezirksausschuss 12 Schwabing-Freimann und die Kulturstiftung der Stadtsparkasse München
Heidi Bayer (Trompete, Flügelhorn) Sven Decker (Bassklarinette, Tenorsaxophon) Kalle Moberg (Akkordeon) Robert Landfermann (Kontrabass) Oli Steidle (Schlagzeug)
Das Leben steckt voller Kontraste. Sie zu akzeptieren, erfordert Mut. Unser angeborenes Harmoniebedürfnis aber durch den Filter dieser Kontraste zu schicken und dann aus Gegensätzlichem und auf den ersten Blick Widersprüchlichem etwas in sich Geschlossenes, Stringentes und Ganzheitliches abzuleiten, erfordert eine Meisterhand. Die in Köln lebende Trompeterin Heidi Bayer hat all das … den Mut, die Welt so zu akzeptieren, wie sie ist, statt wie sie sein sollte, und die Gabe, der Logik des scheinbar Unvereinbaren zu folgen, um daraus die Poesie des Kontrasts abzuleiten. Und trotzdem oder gerade deshalb ist sie eine Utopistin, die Dinge zu Gehör bringt, die so noch kein Ohr vernommen hat.
Zunächst einmal fällt die Besetzung mit Heidi Bayer an Trompete und Flügelhorn, Sven Decker an Tenorsaxofon und Bassklarinette, dem Norweger Kalle Moberg am Akkordeon, Bassist Robert Landfermann und Drummer Oli Steidle auf. Aus den Anfangsbuchstaben der Vornamen ergeben sich übrigens Bandname und Albumtitel. Unabhängig von der Tatsache, dass alle fünf Beteiligten auch selbst als Bandleader und Solisten Akzente setzen, stehen doch auch alle für eine ganz eigene Ästhetik, die sich sofort auch auf „KORSH“ offenbart. Gleich der erste Track „Once In A While“ klingt wie ein Schneesturm im Hochsommer. Verschiedene Kräfte wirken zusammen, die man so kaum auf einmal erwarten würde. Das Akkordeon drängt sich mit einer solchen Vehemenz in den Jazz-Kontext aus Trompete, Saxofon, Bass und Schlagzeug, als wollte es allein die Richtung vorgeben. Die Stimmen verhandeln miteinander und finden am Ende eine gemeinsame Richtung. All das ist genau so gewollt. Dieser Track deutet bereits an, was im weiteren Verlauf des Albums passiert, nimmt aber noch nicht alles vorweg. Denn „KORSH“ ist eine Reise, durch Höhen und Niederungen, durch Vertrautes und gänzlich Unbekanntes, durch Klarheit und Mystik, durch Persönliches und Abstraktes, und nicht selten alles zugleich.
Gegensätze ziehen sich bekanntlich an. Die Kontraste sind in den Stimmen und Idiomen der an „KORSH“ Beteiligten bereits angelegt. Heidi Bayer schreibt Musik für Personen, nicht per se für Instrumente. Das Akkordeon lag ihr schon lange am Herzen, aber ebenso lange war sie auf der Suche nach einem Akkordeonisten, der diesen Spielraum zwischen Anmut und Experimentierfreude bereits in seiner Person vereint. Nach umfangreichen Recherchen wurde sie in Norwegen bei Kalle Moberg fündig. Das Füllhorn seiner Klangmöglichkeiten versetzte sie ebenso in Begeisterung wie sein stilistisches Spektrum von Klassik über Jazz bis zu Drones. Sein Akkordeon kann hier wie eine Orgel klingen, da wie eine Bassklarinette und manchmal einfach wie die Urgewalt der Erde selbst. Mit Moberg fuhr sie volles Risiko. „Erst beim Durchhören der Aufnahmen wurde mir klar, dass dies auch voll nach hinten hätte losgehen können“, resümiert die Trompeterin, um sogleich tief zu stapeln. „Es war einfach wahnsinniges Glück, dass das alles so geklappt hat.“
Dass es eben nicht nur Glück ist, sondern eben Heidi Bayers gutes Händchen für Klänge und Stimmen, wie auch ihr Feingefühl für die Klaviatur von individuellen Charakteren, zeigt die Auswahl der übrigen Musiker. Mit Sven Decker verbindet sie eine lange Freundschaft, die schon in unterschiedlichen Projekten und Bands zum Tragen kam. Besonders schätzt sie an dem Ausnahmesaxofonisten dessen Fähigkeit, bedingungslos loszulassen. Mit Decker gemeinsam dachte sie über eine passende Rhythmusgruppe nach. Der Berliner Drummer Oliver Steidle bringt eine Paarung von Ausdruckskraft und Verspieltheit mit, die präzise in Heidi Bayers Konzept passte. Vor allem bringt auch er die erforderliche Risikobereitschaft mit. Steidle wiederum schlug Robert Landfermann als Bassisten vor, den die Bandleaderin ohnehin schon im Fokus hatte. Landfermann ist ein extrem empathischer Individualist, der das nun komplette Quintett ausbalancierte.
Und natürlich ist da auch noch Heidi Bayers eigene Stimme. Die Vielfalt ihrer spielerischen Facetten und Verkleidungen ist beeindruckend. In jedem Song nimmt sie eine andere Rolle ein. Mal tritt sie uns sehr warm und verbindlich gegenüber, mal sehr unterkühlt und spitz, und mit Brillanz und Sujetsicherheit beherrscht sie das ganze Repertoire dazwischen. „Das passiert gar nicht bewusst, aber ich wollte eine Situation schaffen, in der ich mich selbst aus meiner Komfortzone entfernen muss. Ich wollte mir einfach mal erlauben, auch all die Seiten in mir hörbar zu machen, die sonst nicht so typisch für mich sind, aber trotzdem einen Teil von mir ausmachen.“
Heidi Bayer sucht nicht nach der größtmöglichen Schnittmenge zwischen den Mitgliedern ihrer Crew, sondern arbeitet Gegensätze heraus und macht Überlappungen hörbar. Ein Widerspruch ist nur dann ein Widerspruch, wenn er als Abweichung vom Einklang der Gegebenheiten wahrgenommen wird. Heidi Bayer geht von ihren eigenen Voraussetzungen aus und schafft auf deren Grundlage ein lebensnahes Ausnahmealbum. „KORSH“ beschreibt einen asynchronen Prozess individuellen und kollektiven Zusammenrückens und Auseinanderdriftens, bei dem neben spielerischen Freiräumen vor allem die multiplen Charaktere der fünf Musikerpersönlichkeiten zur Geltung kommen. Das ausgefeilte Changieren von Persönlichkeiten in einem klar vorgegebenen Rahmen hat man so noch nicht gehört.
“Eine Reise, durch Höhen und Niederungen, durch Vertrautes und gänzlich Unbekanntes, durch Klarheit und Mystik, und nicht selten alles zugleich. Heidi Bayers Vielfalt ihrer spielerischen Facetten und Verkleidungen ist beeindruckend.”
Mark Pringle (Klavier/Synthesizer) Felix Henkelhausen (Kontrabass) Philip Dornbusch (Schlagzeug)
„Bright Dark“ heißt ein Projekt und Album des Berliner Pianisten Mark Pringle mit Felix Henkelhausen am Kontrabass und Philip Dornbusch am Schlagzeug. Das Trio taucht mit offenen Ohren unerschrocken in Pringles Kompositionen ein, in denen es spielerisch rhythmische Vamps navigiert, zarte Klangteppiche webt und über lyrische Melodien meditiert. Dabei werden vereinzelte elektronische Elemente in einen ansonsten lebendigen akustischen Raum integriert. Mit ganz verschiedenartigen Einflüssen wie Karlheinz Stockhausen, der Berliner elektronischen und improvisierten Musikszene, Waschsalons und lila Obst, zeichnet sich der Sound der Formation durch ein dynamisches Zusammenspiel aus – emotional, eindringlich und reflektierend.
„Bright Dark“ kann sowohl als Gegensatz, als auch deskriptiv interpretiert werden (kann etwas Dunkles eine Eigenschaft von Helligkeit besitzen?), ein Rätsel, das sich in der Musik abspielt, wo Funken vor schattenübersäten Kulissen fliegen. Das gleichnamige Album wurde 2022 von Unit Records veröffentlicht und markiert Pringles erstes aufgenommenes Statement als Bandleader eines Trios.
„Seine Motive wirken hingetupft, in den Klangraum geworfen und selbst in Momenten der Vehemenz oder der vorsichtigen elektronischen Verfremdung klar und perlend deutlich … ein Experiment mit Kontrasten aus der Tradition der offen fließenden Jazzmoderne … Pringles Klarheit der Dunkelheit.“
– Ralf Dombrowski, Jazz thing
„Mark Pringle ist ein außergewöhnlich begabter Pianist und Komponist sowie ein bemerkenswerter Improvisator“
Johannes Bigge (Klavier, Komposition) Moritz Baumgärtner (Schlagzeug) Robert Lucaciu (Kontrabass)
„Eigentümliche Harmonien, die den Beteiligten zufliegen und wegschmelzen, noch bevor sie zu changes werden können. Grooves und Texturen, die zuerst das Eine sind, und dann das Andere werden. Gleichzeitig komplex und schlicht, irritierend und hypnotisierend, eigenständig und noch lange nicht auserzählt.“
Michael Wollny
1989 in Berlin geboren, wuchs Bigge in einem musikalischen Elternhaus zunächst mit klassischer Musik auf, wurde aber gleichzeitig von der emotionalen Direktheit des Pop geprägt. Bereits mit 16 Jahren entdeckte er das Klavier-Trio als adäquate Ausdrucksform, der er bis heute treu geblieben ist. Im Lauf seiner bisherigen Karriere, auf der ihm unter anderem Richie Beirach und Michael Wollny zur Seite standen, öffnete er sich nach allen Seiten und warf gleichzeitig immer mehr Ballast ab, um sein eigenes Idiom voll zur Entfaltung zu bringen. 2010 gründete er sein aktuelles Trio.
„Imago“ ist nach „Pegasus“ das zweite Album in dieser Besetzung. Die Musik wirkt vom ersten Ton an wie ein kollektiver Befreiungsschlag. Bigge leugnet keines seiner Vorbilder, die gleichermaßen in Jazz, Klassik und Pop zu finden sind, und doch musizieren die drei Visionäre dermaßen intuitiv und musikantisch, als hätte es noch nie zuvor die Aufnahme eines anderen Piano-Trios gegeben. Es geht dabei weder um Erwartungshaltungen noch um die Ausfüllung vorgeprägter Formen. Im Gegenteil, jeder Song ist eine neue Entdeckungsreise. Die Kompositionen stammen zwar ausschließlich aus der Feder des Pianisten, aber in seiner Grundbeschaffenheit gleicht das Trio einem gleichseitigen Dreieck, bekanntlich eine der belastbarsten geometrischen Formen überhaupt. Die Länge der Seiten und der Schwerpunkt werden jedoch in jedem Song neu verhandelt.
Die Gleichseitigkeit dieses Dreiecks lässt sich auch mühelos auf die drei Komponenten Jazz, Pop und Klassik übertragen, die der Musik zu gleichen Teilen innewohnen. Wobei es hier nicht um Fusion oder oberflächliche Crossover-Konzepte geht, sondern um eine Art spiritueller Durchdringung der den besagten drei Basisgenres zugrunde liegenden Haltungen. „Ich versuche die Emotionen, die im Pop stecken, in den Jazz zu übertragen“, erläutert Bigge, „denn die fehlen mir im Jazz oft. Die Besetzung, die Improvisation und unser Umgang mit verschiedenen Parametern und Formen kommen natürlich vom Jazz. Allerdings ist es uns wichtig, dass die Improvisationen immer eine Funktion innerhalb des Stücks haben und so klingen, als wären sie Teil der Komposition. Als Komponist bin ich auch von der strukturellen Klarheit J.S. Bachs geprägt. Am Ende wollen wir Komplexität immer mit Zugänglichkeit zusammenbringen.“
Auffällig ist auf Anhieb die Kürze und Prägnanz der Stücke. Dem Geist der spontanen Improvisation verpflichtet, ist Bigge jedoch voll und ganz Komponist. Er wägt alle Aspekte eines Musikstückes ab und weiß genau, wie viel von was ein Stück braucht. Was gesagt werden soll, wird gesagt, und fertig. Zugleich stecken die Tracks voller Dynamik, Emotion teils gegenläufiger Bewegung sowie überraschenden Stimmungs- und Tempowechseln. Trotz provokanter Asymmetrie konzentriert sich Bigge immer aufs Wesentliche. Geschickt spielt er mit Widersprüchen. So sind seine Kompositionen gleichermaßen komplex und einfach, inbrünstig und sachlich, verstiegen und leicht zugänglich, klar strukturiert und doch voller verschlüsselter Bilder. Man muss dieses Album nur ein einziges Mal hören, und schon bleibt aus der Vielzahl der Motive jede Menge Abrufbares im inneren Player des Hörers hängen.
Der Begriff Imago suggeriert gleichermaßen Bild und Einheit. Das Johannes Bigge Trio ist immer und in jedem spielerischen Moment im Bilde. Da spielt es kaum eine Rolle, welche Parts improvisiert oder komponiert sind, denn die jeweiligen Bilder sind extrem flexibel. Für Bigge selbst hat Imago noch eine weitere Bedeutung. „Ich hatte über Insekten gelesen, das letzte Stadium ihrer Metamorphose nach Larve und Puppe wird Imago genannt, sozusagen das fertige ,Bild der Artʼ. Das Stück ,Imagoʼ mit seiner Idylle am Anfang, die mehrmals abrupt durchbrochen wird und sich dann zu etwas ganz anderem hin entwickelt, trägt diese Metamorphose, das Durchstoßen der Verpuppung und Erscheinen des Imago in sich.“
Auch diese Lesart macht Sinn, denn im Grunde geht es bei den Songs um verschiedene Zustände von Komposition, von denen das, was landläufig als Improvisation verstanden wird, lediglich der spontanste ist. Was zählt, ist das Ergebnis. Vollkommenheit als Ausdruck von Vergänglichkeit. „Auf das Album als Ganzes übertragen“, so Bigge, „ haben sowohl wir als Band als auch die Musik seit dem letzten Album eine Metamorphose erlebt.“
Verstricken wir uns hier jedoch nicht in herkömmlichen Begrifflichkeiten und Betrachtungsweisen, denn sie werden der Musik des Johannes Bigge Trios nicht gerecht. Auf „Imago“ manifestiert sich eine Sprache, für die es kein Wörterbuch gibt. Was hier entsteht, will nicht erklärt, sondern im unmittelbarsten Sinne des Albums imaginiert werden.
(Wolf Kampmann)
„Es ist eine musikalische Fahrt ins Gelände, dort wo nichts asphaltiert ist, wo es vieles zu erforschen gilt. Eine Entdeckung, dieses Album und dieser Pianist.“
Thorsten Hingst im Jazz Podium
„Wie diese acht Titel pulsieren, wie sie sich wenden und drehen, wie sie auf- und abebben, wie sich Akkorde ballen und in feine Melodien auflösen, fällt weit aus dem Rahmen dessen, was die meisten anderen Klaviertrios bieten.“
Werner Stiefele im Rondo-Magazin
„Seine Musik klingt tatsächlich unerhört frisch und anders. … Es ist nicht überraschend, dass ein solch mutiges Album auf dem Nischenlabel des Musikers Nls Wogram erscheint.“
Frank von Niederhäusern im Kulturtipp (CH)
Victor Fox (Tenorsaxophon, Bassklarinette) Asger Nissen (Altsaxophon, Altklarinette) Roger Kintopf (Kontrabass) Felix Ambach (Schlagzeug)
Structucture vereint vier Individuen, welche bei Ihrer ersten gemeinsamen Begegnung unmittelbar ihre übereinstimmenden Ideen einer musikalischen Spielhaltung entdeckten. In ihrer Musik geht es um Energie, um das Erschaffen eines kollektiven Ausdrucks von Kreativität. Das konzentrierte Zusammenspiel bewegt sich zwischen schnellen Impulsen und Ruhephasen, welche von allen vier Musikern gleichermaßen gesteuert und verarbeitet werden.
In Roger Kintopf’s Kompositionen werden die Möglichkeiten des interaktiven Zusammenspiels innerhalb des Quartetts ohne Harmonieinstrument bis in die Tiefe ausgelotet. Die Kompositionen gründen auf starken Strukturen, Rhythmen und Harmonien, welche die beiden Saxophonisten Victor Fox und Asger Nissen auf vielfältigste Weise miteinander agieren lassen.
Felix Ambach und Roger Kintopf sind nicht einfach Rhythmusgruppe. Als eine stark verzahnte Einheit entwickelt Structucture eine Spielhaltung, welche stets den Gesamtsound der Band und die Flexibilität jedes individuellen Musikers innerhalb eines sich einheitlich bewegenden Geflechts fokussiert.
„Vom Ansatz her weckt der Sound, den Kintopf mit den beiden Saxophonisten Asger Nissen (Alt) und Victor Fox (Tenor), sowie dem Schlagzeuger Felix Ambach kreiert, Erinnerungen an das Gerry Milligan Quartett: Die Bläser führen die Melodie, spielen mit- oder gegeneinander und verzahnen sich zu einer Stimme. Dazu braucht es mit ebenso festen, wie offenen Strukturen, die das Beste aus jedem der vier hervorkitzeln. Die Krux des ständigen Wechsels zwischen schnellen Impulsen und Ruhephasen liegt darin, nicht allzu intellektuell, zu „kopfig“ zu klingen. Das gelingt Kintopf und Co. erstaunlich gut (…). “
Jazz Thing
„Ihr entwickeltes Spezifikum sind melodische Wucherungen und Gratwanderungen, Dabei pendelt das Quartett zwischen hitziger Gesprächigkeit und entschleunigter, teppichaper Ausbreitung. Bemerkenswertes Selbstverständnis kennzeichnet die Vernetzung von kompositorischem Kalkül und improvisatorischem Freilauf.“
Concerto Austria
„Verschachtelt wirken die Strukturen der einzelnen Songs, (..) hier bestimmen spontane Aktivitäten und emotionale Ausbrüche den Augenblick. Und so reihen sich viele kreative Augenblicke aneinander zu einem unterhaltenden Ganzen. (..) die Musik wirkt dann recht intellektuell, doch durchaus nicht kalt (..) – sehr modern, sehr niveauvoll, sehr fordernd, sehr kreativ.“
Musikansich
„The bass leader leads his crew into off kilter realms of left leaning dissonance that is reminiscent of classic civil rights jazz directly from the church basement—how timely. Not for the linear listener, this is one of those wild rides that careens with abandon and glee.“
Midwest Records
Obsany ist ein neues Quartett aus Berlin, das von dem Gitarristen Simon Jermyn geleitet wird; einem irischen Musiker, der nach 11 Jahren in New York vor kurzem nach Berlin gezogen ist. Die Band besteht aus den Schweden Petter Eldh am E-Bass und Otis Sandjo am Tenorsaxophon sowie dem deutschen Schlagzeuger Lukas Akintaya.
Obsany spielen Jermyns Kompositionen, eine aufregende und unterhaltsame Mischung aus Grooves, überraschenden Melodien, offenen Improvisationen und Klanglandschaften. Die Einflüsse dieser Band reichen von Jazz und improvisierter Musik über Electronica, Neue Musik, Afropop und Rock.
(Obsany ist ein Wort, an das sich Simon aus einem Traum erinnert, es scheint in keiner Form oder Sprache zu existieren, die das Internet finden kann).
Simon Jermyn hat mit vielen wichtigen Musikern zusammengearbeitet, darunter John Zorn, Jim Black, Gerald Cleaver, Tom Rainey, Chris Speed, Mat Maneri und Chris Lightcap. Er ist erst der zweite irische Musiker, der im Village Vanguard auftrat und hat an der Ulster University in Nordirland promoviert.
Der schwedische Bassist und Produzent Petter Eldh ist einer der angesehensten Musiker der europäischen Jazzszene, bekannt durch seine Arbeit mit seiner eigenen Gruppe Koma Saxo, Lucia Cadotchs Speak Low, Enemy mit Kit Downes und James Maddren und dem Trio von Django Bates.
Otis Sandjo spielt Tenorsaxophon und ist an einer Vielzahl innovativer Bands in der europäischen Szene beteiligt, darunter Speak Low, Koma Saxo und seine eigene genreübergreifende Gruppe Y-Otis.
Lukas stammt aus Deutschland und lebt in Berlin, wo er sein Quartett HUES leitet, dessen Debütalbum kürzlich bei Chris Speed’s Plattenlabel Skirl Records erschienen ist. Neben seiner eigenen Band ist er auch als Sideman und Kollaborateur aktiv. Er ist Mitglied des Holon Trios, mit dem er für Orchester komponiert hat.
Cansu Tanrıkulu (Gesang, Elektronik) Declan Forde (Klavier) James Banner (Kontrabass, Elektronik) Max Andrzejewski (Schlagzeug)
USINE vereint vier in Berlin lebende Solist*innen zu einem verstörenden, dunklen und energetischen Gebilde. Improvisationen werden zu Stücken verarbeitet, die die Grundlage für die Songstrukturen bilden, aus denen sie hervorgehen.
USINE gibt neue Texte bei Autor*innen aus der ganzen Welt in Auftrag und präsentiert eigene anti-konservative Songs mit der Energie des Punk, wobei Freiheit und Unerbittlichkeit im Vordergrund stehen.
,,Gefühlstief und dramatisch… zart und schön… voller Drama und stark improvisation“
– Tony Dudley-Evans, Europe Jazz Network
,,Musikalisch ist es ja auch ein sehr breites Feld was ihr absteckt… von ganz klaren Song-Struckturen bis zur totalen Freiheit, Offenheit, in der niemand von vorne rein weiß wo es hinführen würd, am ende findet ihr zusammen…’’
– Ulf Drechsel, rbbKultur
,,Jazz des 21. Jahrhunderts, fest verwurzelt in der musikalischen Geschichte, aber mit neuen Blicken in deren Zukunft. Nein, das ist keine Musik, um Sie beim Abendessen mit der Familie im Hintergrund laufen zu lassen. Das will und soll sie auch nicht sein.’’
– Claus Volke, hören und fühlen
Günter „Baby“ Sommer (Schlagzeug) Antonio Lucaciu (Saxophon) Simon Lucaciu (Klavier) Robert Lucaciu (Bass)
Vier Perspektiven auf improvisierte Musik treffen im neusten Projekt des Schlagzeugers Günter Baby Sommer aufeinander. Auch wenn die Gemeinsamkeiten der Protagonisten nicht zu übersehen sind – teilen drei von ihnen sogar denselben Nachnamen – bringt hier jeder seine ganz eigenständige Stimme ein.
So bewegen sich die Kompositionen zwischen kurzen Melodiefragmenten mit großer improvisatorischer Freiheit und konzipierten Texturen, die dem Quartett ausdifferenzierte Strukturen entlocken. Die Inspirationsquellen dafür sind vielfältig. In der Auseinandersetzung mit Hugo Balls Poesie, Bartoks Klaviermusik und fast vergessenen Volksliedern entstehen neue Zwischenräume. Es ist spannend, dabei zuzusehen und zu hören, wie intergenerationell und innerfamiliär auf der Bühne verhandelt wird.
„Familientreffen haben immer einen eigenen Reiz: tiefe Vertrautheit verbunden mit einem ganz besonderen Konfliktpotential. Innerfamiliäre Spannungen haben eine sehr spezielle Form von Elektrizität. So ein Knistern spürt man auch auf dem Album „Karawane“ der drei Lucaciu-Brüder aus Plauen – Altsaxophonist Antonio, Pianist Simon und Kontrabassist Robert – zusammen mit der Dresdner Schlagzeug-Legende Günter Baby Sommer. Dieser Trommel-Meister, zwei Generationen älter als die drei hochmusikalischen Lucacius, zeigt auf dem Album seine ganze Bandbreite an Klangkunst: kompromisslos energetisch, mit der „Baby-eigenen“ Power, aber auch mit seinem untrüglichen Geschmackssinn für lyrische Geräusche. Die drei Lucacius sind dabei absolut gleichberechtigte Anspielpartner untereinander und mit Sommer im Dialog. Heiß britzelnde Luft, dunkle, sich auftürmende Wolken, cooler Windhauch, all das weht durch die Kompositionen auf dem Album „Karawane“. Auch das gleichnamige Dada-Gedicht von Hugo Ball wird zum Klingen gebracht. Und natürlich darf auch ein „Hymnus“ von Günter Baby Sommer nicht fehlen, an dessen Kantigkeit man sich einfach nicht satt-hören kann. „Karawane“ ist ein buntes und vielfältiges musikalisches Familientreffen, bei dem alle Beteiligten auch von sich selbst erzählen dürfen. Etwa ist Antonio Lucacius Prägung als Popsaxophonist durch aus spürbar, Roberts weiter Horizont als Improvisator mit Nähe zur Neuen Klassischen Musik, Simons Feinfühligkeit, mit zarten Einflüssen seines Professors Michael Wollny. Und Günter Baby Sommer, der ist sowieso immer unumstößlich er selbst. So ein Familientreffen macht richtig Spaß“